Ein Versuch
Die Tür des Riads schließen sich hinter mir und auf einmal ist nur noch das Plätschern des Springbrunnens und das Zwitschern der Vögel zu hören. Ganz weit weg erscheint das Brummen der Autos und Mopeds.
Es ist mein erster Tag in dieser völlig anderen Welt, die nur 4 Flugstunden von meiner Heimat entfernt liegt. Ich bin erschöpft, durch geschwitzt und noch ist alles verwirrend, aber ich weiß – Ich will mehr! Mehr von den Farben und Gerüchen, von den Menschen und Tieren, ich will mich satt sehen an den bunten Auslagen der Händler und meine Ohren können nicht genug bekommen von der Musik Marrakechs.
Es ist schwer zu beschreiben, wie Marrakech tatsächlich ist. Mir fehlen schlichtweg die Worte um all diese Sinneseindrücke zu verarbeiten. Deshalb wird dies ein Versuch. Ein Versuch euch die „Perle des Südens“ näher zu bringen. Und vermutlich bleibt es auch dabei, denn man muss die Stadt selber erleben. Ihren Pulsschlag spüren und ihre Bewohner kennen lernen.
Ich könnte tagelang durch die Souks laufen und mich nicht satt sehen an den Waren die Feil geboten werden. Gewürze türmen sich zu riesigen Pyramiden auf, ein Chamäleon klammert sich an die Stangen seines Käfigs und in den kleinen Werkstätten hinter den Verkaufsräumen wird wie verrückt gehämmert und gesägt. Üble Gerüche lösen sich mit dem wohltuenden Geruch des Minztees ab. Ich höre ständig Hühner, sehe aber keine. Dafür sind die Esel und Mulis erstaunlich ruhig.
Marrakech ist eine Herausforderung für die Sinne, aber genau deshalb reise ich ja. Anders als zu Hause muss es sein und das ist diese Stadt auf jeden Fall.
Eine Herausforderung ist auch der Verkehr. Von überall hupt es und am Anfang traue ich mich kaum über die Straße. Ständig werfe ich einen Blick über die Schulter und vergewissere mich, das auch ja kein Fahrzeug hinter mir ist. Später dann bewege ich mich souveräner. Ein Ohr hört auf den Verkehr, das andere ist für die Sinneswahrnehmung zuständig. Lässig weiche ich einem Moped aus, nur um von einem Karren fast über den Haufen gerannt zu werden. Nur nicht übermütig werden!
Mein erstes marokkanisches Essen ist ein Feuerwerk für meine Geschmacksknospen. Die Gewürzmischungen sind mir völlig fremd und so anders als das, was ich von zu Hause gewöhnt bin. Ich möchte das jeden Tag erleben, jeden Tag aufs neue überrascht werden und staunen.
Marrakech bringt mich zum Staunen wie ein kleines Kind. Manchmal muss ich mich regelrecht zwingen nicht ständig und überall stehen zu bleiben, zu gucken und anzufassen. Schließlich will ich nicht als blutiger Neuling da stehen, denn mit denen kennen die Händler keine Gnade.
„Schauen Sie doch mal in meinen Laden“
„Nein danke, ich brauche nichts“
„Vielleicht dann morgen?“
„Ja vielleicht“
Es ist ein Spiel. Die Händler und ich spielen. Wir wissen beide, das ich morgen nicht vorbei schauen werde, das ich vielleicht wo anders kaufe und dennoch folgen wir den Regeln dieses Spiels. Genauso ist es mit dem Handeln. Keiner rückt mit dem wahren Preis heraus. Man taxiert sich. „Was ist der andere bereit zu zahlen?“ „Wie weit kann ich gehen?“, nur um den Kauf mit einem Handschlag und dem größten Lächeln überhaupt zu beenden. Es ist ein Spiel, und meistens bin ich nicht die Gewinnerin. Aber das stört mich nicht, ich nehme die Erfahrung mit und nächstes Mal, ja nächstes Mal bin ich besser aufgestellt.
Und es wird ein nächstes Mal geben. Marrakech, du Traum aus 1001 Nacht lässt mich nicht mehr los. Schließe ich die Augen stehe ich immer noch in den Souks und lasse mich von den Menschen treiben. Wohin ist egal, Hauptsache ist, ich spüre deinen Puls.
Ein herzliches Dankeschön an den Dorling Kindersley Verlag und dem Reiseführer Top 10 Marrakech. Ihr habt nicht zu viel versprochen, ich bin verloren gegangen, aber ich habe auch wieder zurück gefunden! Besonders die kleine extra Faltkarte zum Herausnehmen fand ich mehr als praktisch. Dank ihrer Größe fällt es gar nicht auf, wenn man sie mal zu raten ziehen muss. Auch die Restaurant und Geschäft Tipps sind sehr gut gewählt.
Liebe Lynn,
wie du ja weißt kann ich deinen Artikel zu 100 Prozent nachempfinden. Was war denn dein erstes Gericht, dass deine Sinne explodieren ließ?
Oh ja! Marokko verzaubert einen, was? :)
Gute Frage… Ich glaube es war eine Tajine oder Kaktusfeigen, ganz sicher bin ich gerade nicht. Und bei dir?
Liebe Grüße,
Lynn
Liebe Lynn,
ich kann sehr nachempfinden, dass du es einen „Versuch“ genannt hast, dein Erleben von Marrakech in Worte zu fassen. Es ist tatsächlich nicht einfach, all diese Eindrücke zu verarbeiten und dann auch noch „zu Papier“ zu bringen. Es ist dir aber absolut gelungen, deine Faszination auszudrücken! Sie schwingt in jeder Zeile mit. Mir ging es ähnlich als ich aus Marokko kam. Es ist nun 2 Jahre her, aber ich möchte nach wie vor auch gerne noch einmal hin und mich von dieser faszinierenden orientalischen Welt verschlucken lassen. Ein toller Artikel!!
Liebe Grüße, Nathalie
Liebe Nathalie,
vielen Dank für dein Lob :)
Verschlucken ist wohl das richtige Wort! Ich wäre sofort dabei. Eigentlich habe ich auch viel zu wenig von Marokko gesehen.
Aber vielleicht gibt es ja irgendwann nochmal ein zweites Mal.
Liebe Grüße,
Lynn
Unzweifelhaft ist Marrakwsch eine tolle Stadt.
Über Weihnachten war ich bei 27° für 8 Tage dort und habe auf der Dach-Terrasse in der Sonne gelegen (Winter-Flucht).
Auf der anderen Seite nahmen die dauernden Belästigungen durch die Händler und auch durch die Kinder die Basis für ein gemütliches Bummel.
Man ist quasi immer auf der „Flucht“ und kann alles nicht ganz so genießen, wie man es eigentlich will.
Habe dazu 3 Beiträge auf meinem Blog geschrieben.
Gruss
herrrothwandertwieder
Oh ja. Das klingt wirklich traumhaft!
Das mit den Händlern habe ich zum Beispiel als gar nicht so störend empfunden, aber da scheiden sich auch wirklich die Geister.
Gerne schaue ich mir mal die Beiträge auf deinem Blog an. Von Marrakesch kann ich nie genug bekommen :)
Liebe Grüße,
Lynn