Das Verlorene Paradies – der Beststeller des Literaturnobelpreisträgers Abdulrazak Gurnah

Hand die das Buch das verlorene Paradies von Abdulrazak Gurnah hält

Das Verlorene Paradies
Abdulrazak Gurnah

Werbung, da Rezensionsexemplar

„Ich habe Angst vor der Zeit, die vor uns liegt“, sagte Hussein leise, woraufhin Hamid müde seufzte. „Alles ist im Umbruch. Die Europäer sind wild entschlossen, und bei ihrem Streit um die Reichtümer der Erde werden sie uns alle zermalmen. Ein Narr, der glaubt, sie seien hier, um irgendwie etwas Gutes zu tun. Sie sind nicht am Handel interessiert, sondern an dem Land selbst. Und an allem, was darin ist … an uns.“

Das Verlorene Paradies, Seite 115

Darum gehts in Das Verlorene Paradies

Nicht nur der zwölfjährige Yusuf befindet sich in einem Übergang zum Erwachsenwerden, auch die Heimat wie er sie kennt, verändert sich durch das Auftreten der Europäer. In seinem 1994 erschienen und jetzt neu aufgelegten Roman „Das Verlorene Paradies“ (engl. „Paradise“), verknüpft der Nobelpreisträger für Literatur Abdulrazak Gurnah, eindrücklich diese beiden Schicksale.

Yusuf ist noch jung, als er von seinen Eltern weggehen muss, um die Schulden seines Vaters bei Onkel Aziz abzuzahlen. Wie sich herausstellt ist dieser gar nicht sein leiblicher Onkel (obwohl dies für mich bis zum Schluss nicht ganz final aufgeklärt worden ist), sondern ein reicher Händler, der mit Handelsreisen ins Innere von Ostafrika sein Geld verdient. Zunächst arbeitet Yusuf gemeinsam mit Khalil, der eine Art Bruder für ihn wird, im Laden von Onkel Aziz.

Hier landet er mitten im bunten Treiben aus indischen Geldverleihern, muslimischen Einheimischen und christlichen Missionaren. Zunächst fällt es ihm nicht leicht, sich die subtilen gesellschaftlichen Strukturen zu erschließen. Mit Hilfe von Khalil und nicht zuletzt auch dank seines guten Aussehens, taucht er immer weiter in diese fremde Welt ein.

Gerade als sich Yusuf eingelebt zu haben schien, nimmt Onkel Aziz ihn mit auf eine seiner Handelsreisen. Was folgt sind beschwerliche Jahre, in denen Yusuf an unterschiedlichen Orten Halt macht und zu einem jungen Mann heranwächst, der von Tag zu Tag mehr lernt und sich seinen Platz erobert. Wurde zuvor sein Leben durch fremde Mächte bestimmt, ist er endlich bereit, es selbst in die Hand zu nehmen.

„Das Verlorene Paradies“ ist ein wirklich interessanter Roman, der in vielerlei Hinsicht aufschlussreich ist. Nie geht es direkt um das Einfallen der Europäer bzw. Deutschen in Ostafrika. Vielmehr wird ihr Auftreten immer wieder diffus erklärt und so ein Bild geschaffen, wie es möglicherweise damals auch vorherrschte. Gerüchte verbreiteten sich schneller als Tatsachen und der Ruf der Deutschen eilte ihnen weit voraus.

Darüber hinaus geht es in „Das Verlorene Paradies“ auch um ein Kind, welches schneller als es sollte, erwachsen werden muss und aus seinem vertrauten Heim gerissen wird. Der Roman von Abdulrazak Gurnah ist somit auch ein eindrückliches Portrait, wie unterschiedliche die Menschen im heutigen Tansania gelebt haben und immer noch leben. Er zeichnet die unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen lebendig nach und hat eine gute Beobachtungs- und Deutungsgabe gegenüber verschiedenen Menschen.

Alles in allem habe ich die Lektüre von „Das Verlorene Paradies“ sehr genossen. Ich fand den leichten Schreibstil von Abdulrazak Gurnah sehr angenehm und habe die lebendigen Beschreibungen der Szenen gut nachempfinden können. Lediglich an einigen Stellen waren mir die Szenen beinahe zu detailreich und ein wenig brutal. Ich denke aber, dass es zum Stil des Romans passt, denn auch das Leben des Yusufs und der Menschen die ihn umgeben, ist brutal gewesen.

Obwohl es nicht explizit eine historische Einordnung oder Einführung gibt, so lernt man beim Lesen von „Das Verlorene Paradies“ doch einiges über den aufkeimenden Kolonialismus und wie er alte Muster innerhalb der Gesellschaft durcheinanderbringt. Jede*r einzelne ist davon auf die eine oder andere Art betroffen gewesen oder hat vielleicht sogar dadurch profitiert. Dies wird im Roman eindringlich deutlich.

Das Verlorene Paradies

Das Verlorene Paradies
Abuldrazak Gurnah
Übersetzung durch Inge Leipold
Hardcover mit Schutzumschlag
336 Seiten | ISBN: 978-3328602583
25€ [D] über Amazon (Affiliate Link)


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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