Denkanstoß – oder wie nachhaltig sind wir unterwegs?

Blick auf die Berge des Atlas Gebirge

Blogparade: Denkanstoß

Anuschka von Rosas Reisen hat zur Blogparade unter dem Motto „Denkanstoß“, aufgerufen. Ihr ganz persönlicher Denkanstoß war ein Blogger-Treffen von Travel on Toast. Bei diesem Treffen ging es um das Thema wie wir reisen, was wir dabei erleben und wie wir im nachhinein damit umgehen. Sie schreibt:

„Ich glaube, viele haben sich auf ihren Reisen schon ein Mal kritisch mit den vorgefundenen Verhältnissen auseinandersetzen müssen: Soll ich wirklich auf diesem Elefanten reiten, auch wenn ich sehe, dass es ihm hier nicht gut geht? Muss ich tatsächlich in den Seaworld-Park? Will ich in dieses Land reisen, wenn ich weiß, dass man dort nicht frei seine Meinung äußern darf, dass Frauen dort weniger Rechte haben, dass Kinder hungern?“

Und damit hat sie recht. Auch ich habe auf meinen Reisen schon darüber nachgedacht, was es bedeutet, jetzt dieses oder jenes zu machen. Im Rahmen dieser Blogparade möchte ich dir gerne zwei Beispiele nennen und zu guter Letzt meine ganz eigene Meinung, zu diesem sehr polarisierenden Thema, kundtun.

Zu Besuch bei den Massai

Als Studentin der Ethnologie hatte ich schon früh ein Interesse an den verschiedenen Ethnien auf unserem bunten Planeten. Ich kann mich kaum satt sehen an anderen Kulturen, Riten, Essensgewohnheiten, Lebensumständen, etc. Als ich 2012 in Kenia war, wusste ich zwar noch nicht, was ich später machen will, aber dieses Interesse habe ich dennoch verspürt. So habe ich auch nicht lange überlegt, als wir die Chance hatten ein Massai-Dorf zu besuchen.

Mit gemischten Gefühlen habe ich mich dorthin auf den Weg gemacht. Ich war neugierig auf die Lebensweise der Menschen dort, habe mir aber genauso Gedanken gemacht, wie dieser Besuch wohl ablaufen würde. Und zunächst ist auch genau das eingetroffen, was ich befürchtet hatte: Weiße Menschen mit fetten Kameras stehen um schwarze Menschen, die tanzen. Egal ob die Menschen das gerne tun, oder auch nicht, ich fühle mich unwohl in solchen Situationen. Ich will nicht, das man für mich tanzt und mir selber fehlt die nötige Lockerheit, um einfach mitzumachen und zu lernen. Also stehe ich, typisch deutsch, stocksteif herum und hoffe, das es bald zu Ende geht. So habe ich mir den Besuch nicht vorgestellt!

Denkanstoß

Zum Glück wurden wir danach in kleinere Gruppen aufgeteilt. So wurden meine Mama und ich dann von einem etwas jüngeren Massai herumgeführt und plötzlich wurde die Stimmung ganz anders. Statt nur etwas über die Massai-Kultur zu erfahren, haben wir uns angefangen, auszutauschen! Er hat aus seinem Leben erzählt und wir aus unserem. Und obwohl wir in so unterschiedlichen Welten aufgewachsen sind, haben wir am Ende festgestellt, so unterschiedlich sind wir doch gar nicht.

Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie lange ich von diesem Besuch gezerrt habe. Zunächst hat er mich ungemein beschäftigt, ehe ich meine Abschlussarbeit in der Schule über die Massai geschrieben habe und ich würde sogar so weit gehen und sagen, diese Begegnung hat mich in den Studiengang gebracht, wo ich heute bin. Auf eine gewisse Art und Weise auch ganz schön nachhaltig oder?

Worauf ich aber eigentlich hinaus möchte ist, dass ich normalerweise Vorurteile bei solchen Veranstaltungen habe. Ich mag es nicht Geld zu zahlen, um mir ein Dorf anzuschauen, wo ich nie sicher sein kann, ob die Menschen das tatsächlich wollen, oder nur für das Geld machen. Durch die Offenheit auf beiden Seiten, wurde unser Besuch aber dennoch Einzigartig und ich hege sogar die egoistische Hoffnung, das der Massai von unserer Kulturbegegnung vielleicht auch etwas für sich mit genommen hat.

Die Karawane zieht weiter!

Dieses zweite Beispiel ist eher ein negativ Beispiel. Vergangenes Jahr war ich in Marokko und natürlich darf eine Wüstentour auch nicht fehlen. Zu dieser gehört meistens auch ein Ritt auf Kamelen in die Wüste. Ich muss zugeben, Kamelreiten macht unglaublich viel Spaß! Ich habe fast die gesamte Zeit gelacht, weil ich das Gefühl des Schaukeln so witzig fand. Aber auf wessen Kosten? Natürlich auf Kosten des Kamels. Keine Sekunde habe ich daran gedacht, dass die Tiere auf uns in der sengenden Hitze gewartet haben, das ihnen nachts ein Vorderbein hoch gebunden worden ist, damit sie nicht weg laufen können und ich habe auch weggeschaut, als sie von den Kameltreibern mehr schlecht als recht behandelt worden sind.

Denkanstoß

Für dieses bisschen Spaß habe ich nicht nachgedacht und auch nicht nachhaltig gehandelt. Es wäre interessant gewesen, im Vorfeld raus zu finden, ob es möglicherweise auch Touranbieter gibt, die sich Eco-Tourismus auf die Fahne schreiben und besser mit ihren Tieren umgehen. Dafür ist es nun zu spät, aber auch daraus kann ich meine Schlüsse ziehen. Ich kann nächstes Mal mehr nachdenken, bevor ich blind drauf los buche und nach guten Alternativen suchen. Natürlich wird man nie ganz nachhaltig Reisen können, aber nachdenken ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Mein Fazit

Ich finde es unglaublich schwer zu sagen, das war jetzt eine nachhaltige Reise und das nicht. Ist es nachhaltig in ein Land zu reisen, wo es vielen Menschen schlecht geht? Auf der einen Seite könnte man sagen: „Nein, absolut nicht“. Auf der anderen Seite bringt man Geld in das Land, welches man wohlüberlegt auch in Community Projekten und für lokale Produkte ausgeben und außerdem bringt man auch andere Denkanstöße mit in das Land. Natürlich kann ein Regiem oder eine Regierung schlecht sein, aber das macht seine Bevölkerung nicht gleich schlecht.

Ich musste mich vor einiger Zeit sehr über einen Artikel aufregen, indem die Autorin verkündete, sie würde nie in ein islamisches Land fahren. Das ist ihre Meinung, und mir fällt es schwer diese zu respektieren. Selbst wenn ein Land noch so menschenrechtsverachtend scheint, auch dort gibt es mit Sicherheit Frauenrechtsbewegungen, Menschen die Grün denken oder im Untergrund hart dafür arbeiten, das sich die Zustände bessern. Ich werde vermutlich mit meiner Reise nichts besser machen, aber eben auch nicht schlechter! Und wenn ich dann auch noch solchen Menschen begegne, umso besser. Man kann ihnen sagen, das sie nicht alleine sind, das man sie aus der Ferne unterstützt und bewundert.

Denkanstoß

Die wichtigste Aufgabe sehe ich in all denjenigen mit einer Reichweite, sein es Reiseblogger oder Journalisten etc. Ich sehe es als unsere Pflicht an, sobald wir Missständen begegnen sie nicht schön zu reden in der weiten Welt des Internets, sondern darauf aufmerksam zu machen. Denn das ist es, was wir mit unseren Mitteln erreichen können. Und genau das kann auch jeder andere machen. Auf Facebook, Instagram & Co sind Dinge mittlerweile so schnell geteilt und gehen viral, so dass auch du deinen Beitrag leisten kannst.

Ich persönlich tue mich schwer damit, ein bestimmtes Land auf die Black List zu setzten (alleine dieses Wort finde ich furchtbar). Vielleicht bin ich naiv, aber ich glaube an das gute im Menschen und bin mir zu 100% sicher, dass die Menschen überall auf der Welt Träume und Hoffnungen haben und keine Regierung der Welt, schafft es alle zu unterdrücken.

Aber zurück zur Nachhaltigkeit. Jeder kann auf Reisen seinen eigenen Beitrag leisten. Man kann mit den unterschiedlichsten Menschen sprechen, sich aber genauso Gedanken machen über die Nachhaltigkeit des Hotels in dem man sich befindet, die Nahrung die man isst oder über das Tier, welches man gerade streicheln will. Sobald man anfängt zu denken, ist der erste Schritt getan und ich hoffe mein Denkanstoß konnte einen Beitrag dazu leisten.

Mehr zum Thema Nachhaltigkeit auf Reisen gibt es übrigens in diesem Interview… oder in meinem Podcast HERSpectives, in welchem ich mich mit meiner Co-Hostin Katharina von „So nah und so fern“ über Reiseboykotte zwischen Ethik und Fernweh… austausche.

Denkanstoß

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Gast
8 Jahre zuvor

Hey Lynn,
ein super Beitrag, dafür ein riesiges Dankeschön! Genau so etwas hatte ich mir von der Blogparade erhofft: Intelligente, reflektierte Beiträge, die noch im Kopf nachhallen.
Ich sammel noch ein bisschen und dann werde. Die ganzen Links in den Beitrag gepackt und auch auf Social Media „beworben“. Schön, dass du dabei bist!
Liebe Grüße
Anuschka

Gast
8 Jahre zuvor

toller Beitrag :) ich sehe das ganz ähnlich wie du und würde auch nie ein Land auf die BlackList setzten, es gibt immer mehr als eine Seite
gerade was den Umgang mit Tieren angeht kenne ich aber leider viele negative Beispiele, da ich mich viel mit dem Thema befasse
da kann man auf jeden Fall durch austausch schon viel erreichen, indem man anderen Leute vor einem Anbieter abrät
liebe grüße