Tallinn ist die Haupstadt von Estland und beherbergt knapp 430.000 der rund 1,3 Millionen Esten. Die Stadt ist wunderschön am Finnischen Meerbusen gelegen und die kreischenden Möwen, lassen einen nie vergessen, das man sich direkt am Meer befindet. Zwischen Zwiebelturmkirchen, bunten alten Häusern und Sowjet-Relikten, habe ich die für mich wohl schönste Hauptstadt Osteuropas gefunden.
Tallinns Altstadt
Tallinns Altstadt ist in eine Ober- und eine Unterstadt unterteilt. Diese zwei Bereiche sind durch zahlreiche Treppen und verschlungene Wege verbunden. Ab und zu sind wir ordentlich ins Schwitzen geraten, wenn wir wiedermal zwischen den verschiedenen „Etagen“ gewechselt haben. Aber gerade das macht das besondere Flair Tallinns aus.
Vom Hunger getrieben, haben wir uns zunächst durch die Oberstadt leiten lassen. Vorbei an der Alexander Nevsky Kathedrale, die aktuell gerade renoviert wurde (Stand Juli 2016), bis wir schließlich am Theater gelandet sind. Dieses ist direkt an der alten Stadtmauer gelegen und beherbergt außerdem das Café Koggel Moogel. Das Café, welches gemütlich im Schatten der Mauern liegt, kam gerade richtig. Zwar werden nicht viele Speisen angeboten, aber dafür schmeckt es um so besser. Wenn nicht viel los ist, setzt sich die Bedienung auch manchmal ans Klavier und spielt wunderschöne Musik. Einfach lauschig!
Auch im Dunkeln ist die Altstadt von Tallinn mehr als sehenswert. Es scheint fast, als würden die Menschen erst in der Dämmerung richtig aktiv werden und die Gassen sind lebhaft befüllt. Neben zahlreichen, sehr teuren Restaurants für die Touristen, gibt es auch einige Restaurants, in denen man zusammen mit den Einheimischen speist. Sehr zu empfehlen ist hier das Must Puudel. Eigentlich handelt es sich hierbei um ein Café, aber am Abend werden hier die besten Burger verkauft, die ich bis jetzt in meinem Leben essen durfte. Neben den günstigen Preisen und dem leckeren Essen, sei auch die entspannte Atmosphäre hervorgehoben. Das Design ist irgendwo zwischen Sowjet-Charme und den Vibes aus Tallinn, anzusiedeln.
Hip, Hipper, Telliskivi Creative City
Es scheint eine einfach Gleichung zu sein, auf alten Fabrikgeländen, wo die Mieten günstig sind, siedeln sich häufig kreative Menschen an. So zum Beispiel in Kapstadt in der Old Biscuit Mill, in Lissabon in der LX Factory oder eben in Tallinn hinter Bahnhof in der Telliskivi Creative City. Das Gelände liegt zwischen dem Stadtteil Kalamaja und der Altstadt, direkt hinter dem Bahnhof. Neben an ist auch gleich der „Russen-Markt“, der Balti Jaam Market, auf dem man gefühlt ALLES bekommen kann.
Besonders faszinierend an dieser Gegend, finde ich, wie stark die Kontraste beieinander liegen. Alte Babuschkas und junge, hippe Menschen geben sich hier sozusagen die Klinke in die Hand. Nirgendwo mehr könnten die Kontraste in Tallinn größer sein.
Die Telliskivi Creative City besticht vor allem durch die vielen, coolen Streetarts. Man findet an jeder Häuserecke bunte, teils sehr atemberaubende Werke und andere Kunst. Ich liebe es einfach, wenn alte Fabrikgelände, plötzlich eine ganz neue Funktion im urbanen Raum einnehmen. Nicht zu vergessen sein hier aber auch die wahnsinnig stylischen Geschäfte, Bars und Restaurants. Ein echter Ort zum Wohlfühlen.
Sovjet-Geschichte zum Anfassen – ein Vormittag am Hafen
Ich weiß nicht wie es dir geht, aber sobald ich in einer Stadt mit Hafen bin, zieht mich dieser magisch an. Logisch, das wir einen Vormittag dort verbringen mussten. Zwischen Möwengeschrei und alten Schiffen, haben wir uns ordentlich den Wind um die Nase wehen lassen.
Mit dem Auto haben wir auf einem der Parkplätze, rund um die Fährterminals geparkt. Von dort sind wir zu Fuß weiter, in Richtung Seaplane Harbour. Sofort ist uns das markante Gebäude des Linnahall Terminals ins Auge gefallen. Ehrlich gesagt, fällt es mir schwer dieses Bauwerk zu beschreiben: ein riesiger Betonklotz mit unzähligen Treppen, der entfernt an Rocky Balboas Treppenlauf erinnert. Ich glaube, man muss den Terminal mit eigenen Augen gesehen haben, um ihn in all seiner Wuchtigkeit aufzunehmen. Ehrlich gesagt konnten wir uns alle keinen Reim darauf machen, was für ein Bauwerk das sein soll. Später entnehme ich Wikipedia, dass es sich um eine Multifunktionshalle handelt, die zu den Olympischen Sommerspielen 1980 eröffnet wurde. Momentan ist allerdings ungewiss, was mit dem Bau geschehen soll. Immerhin bietet er einen tollen Blick auf den Hafen mit den riesen Kreuzfahrtschiffen und auf die Ostsee.
Von dort aus sind wir weiter zum Seaplane Harbour gegangen. Dort liegen viele, alter Militärschiffe und ein sehr imposantes Dampfschiff im Wasser. Besuchermagnet ist aber sicherlich das Patarei-Gefängnis. Heute ist dieses Gefängnis ein Museum und ab 12:00 Uhr werden Führungen durch den Komplex angeboten. Leider waren wir bereits 2 Stunden eher da und so blieb uns nur ein Blick durch die Gitterstäbe und die wiedermal sehr coole Streetart dort. Leider soll das Patarei-Gefängnis auch nur noch bis Oktober 2016 für die Öffentlichkeit geöffnet sein, was danach damit passiert, steht noch in den Sternen.
Dafür hat vor einiger Zeit ein Café an dem kleinen Strand vor dem Gefängnis geöffnet. Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht einmal, ob dieses einen Namen hat, aber es ist sowieso nicht zu verfehlen. Die Preise sind mehr als moderat und in meinen Augen gibt es nichts besseres, als mit einem kühlen Getränk in den Liegestühlen zu faulenzen und dem Treiben im Hafen von weiten zu zuschauen. Erholung pur!
Fazit: Tallinn ist eine Stadt, in der ich mich auf Anhieb wohlgefühlt habe. Ich habe es geliebt, bei offenem Fenster den Möwen zu lauschen, die kleinen verwinkelten Gassen der Altstadt Nachts zu erkunden und zu erleben, wie eine Stadt kreativ im Wandel ist. Gerne komme ich nochmal wieder und tauche weiter ein, in die wohl schönste Hauptstadt in Osteuropa.
Infos:
Unterkunft:
Euphoria Hostel
Roosikrantsi 4, 10119 Tallinn
Infos: http://euphoria.traveller.ee/
Nicht unbedingt das beste Hostel, in dem ich war, aber es ist in Ordnung, um dort günstig 1-2 Nächte zu verbringen. Sehr zentral gelegen und (riesen + Punkt) mit Parkplatz. Sehr freundliches Personal, das gerne persönliche Tipps gibt.
Café Koogel Moogel:
Mo-So: 10-16 Uhr
Toom-Kooli tänav 13, Kesklinna linnaosa, Tallinn
Reservierung: kohvik@piipjatuut.ee
Must Puudel:
So-Di: 09-23 Uhr, Mi-Sa: 09-02:00
Müürivahe 20, 10140 Tallinn
Reservierung: +372 505 6258
Telliskivi Creative City:
24/7 geöffnet, dank zahlreicher Bars und Clubs
Telliskivi 60A, 10412 Tallinn
Infos: http://telliskivi.eu/en/loomelinnak/
Balti Jaam Market:
Mo-Fr 9-18 Uhr, Sa-So 9-17 Uhr
Kopli 1, Pohja-Tallinn, 10412 Tallinn
Infos: über Tripadvisor
Seaplane Harbour:
Vesilennuki Street 6, 10415 Tallinn
Infos: über Tripadvisor
Hört sich sehr toll an und die Bilder sehen auch total vielversprechend aus. Hoffentlich komme ich auch bald mal hin :-)
Na klar. Flüge sollen sehr günstig sein :) es lohnt sich wirklich.
Liebe Grüße,
Lynn
Ich stelle fest, dass ich Tallinn doch noch nicht so gut kenne ;). War zwar schon 5 (?) mal dort, aber meistens im Stress, weil wir die Fähre nach Helsinki nicht verpassen durften. Somit war ich eigentlich hauptsächlich nur im Hafen und in der Innenstadt. Die ist mir (obwohl sehr hübsch) irgendwie zu touristisch. Telliskivi Creative City und Baltic Jaam Market klingen sehr interessant!
Liebe Grüße,
Heike
Liebe Heike, dafür habe ich noch mehr Fernweh bekommen, als ich die Fähre nach Helsinki gesehen habe. Das will ich auch gerne mal machen :) mir geht es aber auch ähnlich wie dir mit der Altstadt..
Liebe Grüße,
Lynn
Superbilder!!! Schöner und interessanter Beitrag.
Reiselektüre für Urlaubshungrige.
Vielen lieben Dank für dein Kommentar und fürs Vorbeischauen.
Liebe Grüße,
Lynn
liebe Lynn,
da hast du vollkommen Recht. Tallinn ist für mich auch die aller aller schönste Stadt Osteuropas.
LG Mel
Liebe Mel,
Freut mich, mit meiner Meinung nicht alleine dazustehen. :)
Liebe Grüße,
Lynn
Schöner Beitrag. Tallinn hat uns von der Stadt her auch super gut gefallen und ist auf jeden Fall eine Reise wert. Haben dazu auch ganz viele Bilder in unserem Reiseblog und freuen uns über einen Gegenbesuch :)
Absolut. Da schaue ich doch gerne vorbei ☺
Knappe Anregungen Ihrerseits Ihrem Bericht entnommen (auch, wenn Sie mehrfach dass mit einem s schreiben und nicht mit ss).
Ich bin im Sommer 2017 beim Sängerfest in Tallinn in einem Hotel in der Altstadt. RIGA 2008 (Opernfest) hat mich damals sehr begeistert, sodass (mit zwei s) ich seit dem auch nach TALLINN will.
Sängerfest (und berufl. Urlaubsanspruch) fallen günstig zusammen.
Als Fotofreund wird es mich sicher in die Oberstadt ziehen, das (mit einem s) weiß ich genau.
Einzelne Beiträge über Riga auch auf meinem Blog.
herrrothwandertwieder
Hallo und vielen Dank für den bzw die Korrekturhinweise. Ich nehme Kritik und Anregungen immer gerne entgegen, nur finde ich diese Art und Weise merkwürdig. Ehrlicherweise habe ich überlegt Ihr Kommentar nicht freizuschalten. Allerdings werde ich auf meinem Blog (außer eindeutigem Spam), auch nichts zensieren. Dann viel Spaß in Tallinn (kleingeschrieben).
Mit freundlichen Grüßen,
Lieschenradieschen Reist
Besten Dank,
ist nun mal so, wenn man gelernter Schriftsetzer ist (IHK 1984), denn dann sieht man jeden Fehler, da wir noch dreifach Korrektur gelesen haben.
Ich kann RIGA sehr empfehlen und werde Tallinn auch als Vergleichs-Stadt zu Riga aufsuchen – ich hoffe Ihre Euphorie teilen zu können.
Das „Sängerfest“ steht in einem kulthaften Gesamt-Zusammenhang mit dem Werke Richard Wagners als Idealbild einer Völkerverständigung durch die Universalsprache Musik.
Beste Grüße (wird immer noch mit ß geschrieben)
herrrothwandertwieder
Da ist man wohl besonders drauf geeicht, vielleicht sollte ich mir einen Co-Autor für die Rechtschreibung anschaffen ;) ich wünsche viel Spaß in Tallinn und bin sicher, das es Ihnen gefallen wird.
Mit lieben Grüßen,
das Lieschen
Hallo, wieder aus Tallinn seit gestern da.
Meine Begeisterung hält sich allerdings in Grenzen, dies wurde allerdings von zwei Dingen negativ beeinflußt.
Das Hotel in der Altstadt entsprach nicht dem, was man auf der HP im Internet entnehmen konnte und es regnete ab dem dritten Tag.
Dafür kann Tallinn nichts, klar, aber trotzdem hat Tallinn natürlich seinen Reiz (außer die 10.000 Japaner, die dort rumflitzten).
Tallinn kommt (für mich) aber gegen Riga nicht an, was 2008 sofort in die Liste der 5 Lieblingsstädte gesprungen ist und mit Bologna und Avignon gleich steht.
Das von mir besuchte Sängerfest hat mich sehr berührt, und vor allem hat durch das Daumendrücken, der Regen an diesem Tage Stopp gemacht.
herrrothwandertwieder
Hallo,
das klingt doch – trotz allem – nicht ganz so schlecht. Vor allem das Sängerfest klingt toll. Vielleicht sollte ich dann Riga nochmal eine zweite Chance geben.
Liebe Grüße,
Lynn
Riga hat einen größeren Reiz, aber auf alle Fälle ein Hotel in der Altstadt nehmen (und einen Pullover), die Jugendstil-Fassaden, die Markthalle, die Düna mit Brücken, der künstlich angelegte Kanal mit Grüngürtel, das Opernhaus…
…außerdem ist Riga der nördlichste Punkt auf der R.Wagner-Europakarte und für jeden Puristen ein Muss.
Aber erst meine Fotos/Beiträge lesen…
Vieles von dem kann Tallinn nicht bieten, Wagner war ja auch nicht in Tallinn, sonder in Riga Konzertmeister…hä, hä… :)
herrrothwandertwieder
Vieles was sicherlich für Riga spricht ☺️ und doch hatte ich in Tallinn ein schöneres Gefühl. Aber sowas ist sowieso Tagesform abhängig.