Die Odyssee – Sinnsuche auf einem Kreuzfahrtschiff

Hand hält das Buch Die Odyssee von Lara Williams gegen eine hellblaue Wand

Ingrid arbeitet seit fünf Jahren auf dem Kreuzfahrtschiff WA und verlässt dieses nur für kurze Landgänge – sie würde sonst ihre Kabine verlieren. Auf diesen Landgängen betrinkt sie sich meist maßlos, ehe sie wieder ihrer Arbeit im Rotationsprinzip nachgeht. Als der Schiffskapitän Keith sie zu einem exklusiven Mentorenprogramm einlädt, scheint das Glück zunächst perfekt, doch je mehr Ingrid sich ihrer Vergangenheit stellt, desto mehr bröckelt dich ach so heile Fassade des Schiffes. Es beginnt die Odyssee.

Die Odyssee
Lara Williams

Werbung, da Rezensionsexemplar

Zurück in meiner Kabine zog ich das Rollo vor dem Bullauge herunter. Die Dunkelheit sollte mich auslöschen. Mein Magen knurrte, ich ließ ihn. Hunger ist nur ein Gefühl, dachte ich. Ein vorübergehender Zustand (…). Manchmal meldeten sich Stimmen aus meinem vergangenen Leben, aber ich erstickte sie, indem ich noch lauter und noch ausdrücklicher dachte. Ich muss das Beste aus mir herausholen. Das Allerbeste.

Die Odyssee, Seite 152

Darum gehts in „Die Odysee“

Der Inhalt von „Die Odysee“ ist schnell zusammengefasst. Seit fünf Jahren arbeitet Ingrid auf dem Kreuzfahrtschiff WA. Im Rotationsprozess wechselt sie den Job und arbeitet mal im Souvenirshop, mal als Rettungsschwimmerin oder im Nagelstudio. Da sie ihre Einzelkabine nicht aufgeben will, verzichtet sie auf Landurlaub und nutzt stattdessen die seltenen Landgänge für exzessives und selbstzerstörerisches Trinken. An Board hat sie zwei Freund*innen, mit denen sie am liebsten in wechselnder Besetzung Mutter-Vater-Kind spielt. Als der Kapitän Keith sie zum Mentorenprogramm einlädt, fühlt sich Ingrid bestärkt und privilegiert. Hier spitzt sich allerdings das toxisches Verhalten zu und sie scheut keine der fraglichen Methoden von Keith, die bis zu Selbstverstümmelung reichen. Während sie sich zunehmend den Dämonen der Vergangenheit stellt, bröckelt auch die heile Welt des Kreuzfahrtschiffes und es gerät zunehmend in Verfall. Eine Analogie zu Ingrids Leben?

Ich habe die Rezension zu „Die Odyssee“ bis zum Erscheinungstermin des Romans am 03. September 2022 hinausgezögert, da das Buch wirklich seltsam ist. Ich musste lange darüber nachdenken, ohne – Achtung Spoiler – zu einem wirklich Ergebnis zu gelangen. In Gesprächen mit Freund*innen und Familie hat sich herausgestellt, dass je nach Altersgruppe, „Die Odyssee“ ganz unterschiedlich aufgegriffen und interpretiert wird. Spannend!

„Die Odyssee“ liest sich wie eine Kurzgeschichte und kommt dem mit rund 250 Seiten auch beinahe nahe. Man wird in die Geschichte hineingeworfen und erfährt über die Protagonist*innen doch recht wenig. Das kann man als störend empfinden oder es lässt eben viel Spielraum zur Interpretation. Ich fand die Lektüre von „Die Odyssee“ faszinierend, gut, aber irgendwie auch abstoßend. Auf jeden fall hat mich das Buch gefesselt und hat Stoff zum Nachdenken geliefert.

Sicherlich kann man auch Analogien zu Homer Odyssee ziehen, in dem König Odysseus eben so auf dem Weltmeeren umher irrt, ehe er unerkannt als Bettler heimkehrt. Sehen wir hier die Irrungen und Wirrungen, die ein menschliches Leben eben so mit sich bringt, ehe wir nach Hause und zu uns finden? Muss es erstmal bergab gehen, damit es wieder bergauf geht? Ist nicht irgendwo immer Licht am Ende des Tunnels?

Ich würde gerne schlaue Worte zum Abschluss finden und das Buch einordnen, aber auch wenn ich lange drüber nachgedacht habe, gelingt es mir nicht. Vielleich macht das auch den Reiz von „Die Odyssee“ aus?! Deshalb mein Fazit: selber lesen. Ich bin gespannt auf deine Meinung.

DIE ODYSSEE

Die Odyssee
Lara Williams
Übersetzung durch Eva Bonné
Gebunden mit Schutzumschlag
256 Seiten | ISBN:  978-3455014716
23€ [D] über Amazon (Affiliate Link)


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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