Meine zweite Praktikumswoche

Blick auf Signal Hill in Kapstadt in meiner zweiten Praktikumswoche

Ich kann kaum glauben, wie schnell die Zeit rast. Mittlerweile ist schon meine zweite Praktikumswoche vorbei. Und wenn ich dir erzählen möchte, was ich alles in dieser Woche erlebt habe, fällt mir das reichlich schwer. Es ist unglaublich, wie viel man an einem Tag erleben kann. Und noch unglaublicher ist, dass alles in Worte fassen zu wollen. Ich werde es trotzdem mal versuchen.

Meine zweite Praktikumswoche

Obwohl ich gerade erst eine Woche beim Catholic Welfare and Development (CWD) bin, hat sich so etwas wie Routine eingespielt. Ich wache morgens um 7 Uhr auf, verlasse um 8 das Haus und nehme die Bahn. Manchmal kommt diese sofort und ich habe noch Zeit für einen Kaffee in der Stadt. Manchmal warte ich fast 40 Minuten auf die Bahn, aber so ist das hier (und glaub mir, zu Hause werde ich mich nie wieder über die Deutsche Bahn beschweren). Arbeitsbeginn ist dann gegen 9 Uhr. Sobald ein schneller Kaffee oder Tee getrunken ist und alle da sind, geht es auch schon los.

Die Sozialarbeiterinnen sind jeden Wochentag in einem anderen Community Centre. Diese Woche beginne ich allerdings mit einem Office Tag und plane meine Sessions für die kommende Woche. Das heißt allerdings auch nicht, dass wir den ganzen Tag im Büro verbringen. Vergangene Woche ging ein Artikel im Internet rum, wo über eine an Diabetes erkrankte Frau berichtet wurde. Diese ist nahezu nicht mehr in der Lage für sich selbst zu sorgen. Bereits Freitag haben wir sie besucht, allerdings war sie zu diesem Zeitpunkt nicht anzutreffen.

Blick auf die Schienen in Woodtsock in meiner zweiten Praktikumswoche in Kapstadt

Wir machen uns also Montag Vormittag erneut auf den Weg zu ihr. Sie lebt in einem der Informal Settlements in Gugulethu. “Witzigerweise” wird dieses sogar Europe genannt. Dieses Mal treffen wir die Frau an und die Sozialarbeiterin führt ein erstes Gespräch mit ihr, um zu sehen wie sie ihr helfen kann.

Neben unserer täglichen Arbeit, besuchen wir diese Frau im Laufe der Woche immer wieder. Zunächst bekommt sie eine Grundausstattung an Kleidung und etwas zu Essen. Es ist verrückt, was wir alles bedenken müssen. Da sie keine wirklich verschließbare Tür hat, ist es schlichtweg zu gefährlich, ihr zu viel zu geben. Es könnte passieren, dass andere kommen und es ihr weg nehmen. Andererseits friert sie nachts sehr, da es hier wirklich kalt wird und Essen hat sie auch kaum etwas.

Glücklicherweise haben wir ein Platz in einem Pflegeheim von Nonnen, für sie gefunden. Am Donnerstag haben wir sie abgeholt und dorthin gebracht. Zwar ist diese Geschichte mehr oder weniger gut ausgegangen, aber sie gibt einem auch zu denken. Im Grunde ist es “ein Tropfen auf dem heißen Stein”, denn es geht so vielen Menschen hier schlecht. Und es ist auch nur ein Beispiel für die vielen Fälle, mit denen die Sozialarbeiterinnen – und damit auch ich momentan – konfrontiert sind.

Nach wie vor finde ich die Arbeit sehr interessant und ich liebe es, in die Communities zu gehen. Neben der zum Teil krassen Armut der Menschen, gibt es auch so viel mehr. Da ist zum Beispiel diese unglaubliche Kreativität, die sich aus der Not der Menschen entfaltet. Jeder versucht sich irgendwie ein Einkommen zu schaffen und daraus entstehen spannende Sachen. Da sind auch die Kinder, die sich auf Xhosa streiten, welches der Autos vom CWD wohl cooler ist. Und auch wenn ich kein Wort verstehe, ist es unglaublich witzig ihnen dabei zu zuschauen, wie sie wild gestikulieren und die Automotoren nach ahmen. Es ist eben ein ganz anderer Teil von Kapstadt und ich bin froh, wenigstens ein bisschen davon kennen lernen zu dürfen.

Sicht auf den Stadtteil Woodstock in meiner zweiten Praktikumswoche in Kapstadt

Mein kleines Projekt

Natürlich möchte ich aber nicht nur untätig den Sozialarbeiterinnen hinter her trotten. Aus diesem Grund werde ich aber nächster Woche Dienstags, Mittwochs und Donnerstags jeweils eine Gruppe von Frauen in den verschiedenen Zentren, anleiten. Mir geht es weniger darum, ihnen mit ihren täglichen Problemen helfen zu wollen – denn das kann ich einfach nicht und dafür sind die Sozialarbeiterinnen beim CWD – sondern ihnen etwas Ablenkung vom Alltag zu bieten.

Die 5 Sessions haben deshalb ganz unterschiedliche Themen als Schwerpunkt. So möchte ich eine anbieten zum Thema Entspannung, in einer anderen sprechen wir über die eigenen Skills, Gedanken und Gefühle. Es wird jemand kommen und über Möglichkeiten sprechen, mit dem Verkauf eines Magazins für benachteiligte Menschen Geld zu verdienen. Und natürlich soll auch der Spaß nicht zu kurz kommen.

Ehrlich gesagt bin ich mittlerweile sehr aufgeregt und gespannt, wie das Ganze so laufen wird. Das Wochenende werde ich zur weiteren Planung nutzen und auch in meiner zweiten Praktikumswoche hatte ich schon etwas Zeit dafür. Ich werde dir dann in einer Woche Berichten, wie es gelaufen ist. Drück mir die Daumen!

Und noch etwas aus meinem Alltag in Kapstadt

Um zur Arbeit zu kommen, nutze ich jeden Morgen die Bahn. Das kann bisweilen etwas abenteuerlich (wie schon erwähnt, die Bahnen sind nicht immer pünktlich), aber eben auch lustig sein. Schon alleine wegen der vielen Heiler, die ihre “Dienste” auf Stickern in der Bahn kundtun. Von Healer Deon, über Dr. Solutions, sie sind alle vertreten und versprechen die verrücktesten Dinge in wenigen Minuten. Also falls du gerade wenig Geld auf dem Konto hast, einen Magic Love Stick brauchst oder deinen Lost Lover zurück haben willst…

Werbung in der Bahn für Heiler, entdeckt in meiner zweiten Praktikumswoche in Kapstadt

Interessant sind sicherlich auch die Menschen, die man in der Bahn trifft. So haben sich zum Beispiel Montag zwei Frauen regelrecht geschupst, um einen guten Platz zu bekommen. Daraufhin hat ein Mann nur ganz trocken gesagt: “Girls, its monday, come down!”, und Schicht war im Schacht. Oder der betrunkene Mann aus Simbabwe. Dieser hat sich angeregt mit einem anderen Mann unterhalten, der von seiner Japan Reise erzählt hat. Das ganze Abteil hat Anteil daran genommen. Besonders lustig war es dann, als er gefragt hat, ob es in Japan auch Lobola (Brautpreis in Südafrika, der nicht selten sehr hoch sein kann und in Kühen gezahlt wird) gibt.

Dies sind nur zwei Beispiele, warum es wirklich nie langweilig wird. Und auch wenn viele davon abraten, mit der Bahn zu fahren, es kann eine Menge Spaß sein. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Linie die ich nehme (Cape Town – Simons Town), eine der sichersten hier ist. Außerdem ist es ratsam nicht nachts zu fahren. Ansonsten ist es ein tolles Erlebnis, auch wenn die Bahnen von außen vielleicht etwas unheimlich aussehen.

Die Metro von oben, aufgenommen in meiner zweiten Praktikumswoche in Kapstadt

Bis nächste Woche

Wow, jetzt habe ich ja doch eine ganze Menge aus meinem Alltag erzählt. Und ich bin noch nicht mal dazu gekommen, von meinem Wochenendausflug nach Paternoster oder den wöchentlichen Happenings hier in Obz zu erzählen. Aber das würde auch hier den Rahmen sprengen, da es doch im Grunde um meine zweite Praktikumswoche gehen soll. Nächste Woche gibt es dann eine Fortsetzung. Drück mir die Daumen für meine ersten Sessions!

Entschuldige bitte auch, dass ich immer noch nicht dazu gekommen bin, Fotos von meiner Arbeit zu machen. Die meiste Zeit habe ich mein Handy nicht dabei, da es auf viele attraktiv wirken könnte und ich es deshalb einfach lieber im Office lasse.


Offenlegung: Mein Praktikum habe ich über Southern Ambition Africa gefunden, die mir die Kosten für die Vermittlung erstattet haben. Alles darüber hinaus zahle ich aus eigener Tasche. SAA vermittelt nicht nur Praktika und Volunteering, sondern bietet auch Trips durch Südafrika und ein Housing Programm an.

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