Was bedeutet es, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, in dem Bildung für Mädchen keinen hohen Stellenwert hat? In „Tochter der Savanne“ erzählt Macelli Wadino Shabati ihre berührende Geschichte und schafft damit nicht nur ein bewegendes Porträt, sondern auch ein tiefgehendes Plädoyer für Bildungsgerechtigkeit, Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter.
Tochter der Savanne – Mein gefährlicher Weg zu Bildung und Freiheit
Macelli Wadino Shabati und Claudia Liebetanz
Sollte jetzt alles vorbei sein, würde ich jetzt wieder da weitermachen, wo ich noch vor zwei Jahren aufgehört hatte? Das war unvorstellbar für mich. Ich hatte mein Leben vor zwei Jahren nicht verlassen wollen, ich habe mir damals nie die Frage gestellt, ob ich glücklich war oder nicht. Es war halt mein Leben, mit guten Zeiten und auch schlechteren, wie bei jedem Menschen.
Doch es hatte sich etwas verändert in den beiden Jahren. Ich habe mich verändert. Ich habe eine Ahnung von einer neuen Möglichkeit des Lebens kennengelernt. Ich weiß nicht, ob diese Möglichkeit mein Weg werden wird, aber ich möchte mehr darüber wissen, um vielleicht selbst zu entscheiden, was richtig für mich ist.– Tochter der Savanne, Seite 78
Darum geht’s in Tochter der Savanne
In „Tochter der Savanne“ nimmt uns Macelli mit auf ihre ganz persönliche Lebensreise. Als Mang’at Frau ist ihr Schicksal früh vorgezeichnet. Eine arrangierte Ehe, harte Arbeit, ganz im Sinne patriarchaler Traditionen. Doch ein tragischer Unfall ihres Bruders änderte ihr Leben radikal.
Durch diesen Wendepunkt gelang es ihr, Zugang zur Schule, Bildung und Selbstwirksamkeit zu erhalten. Aus dem Nomadenmädchen wird eine Lehrerin und vor allem eine Kämpferin für Selbstbestimmung und Bildung. Mutig rettete sie sogar ihre jüngere Schwester vor einer Zwangsheirat. Ihr Weg war alles andere als einfach uns bis weitem gefährlich aber zeigt uns, es lohnt sich für seine Träume zu kämpfen. Macelli geht nicht nur ihren Weg, sondern wird auch zum Vorbild für die nächsten Generationen. Denn wir müssen immer wieder vorgefertigte Wahrheiten in Frage stellen und unseren eigenen Weg suchen. Das zeigt „Tochter der Savanne“ mehr als eindrücklich.
„Tochter der Savanne“ ist eine sehr berührende Biografie, welche mir nicht nur einmal den Puls hochgetrieben hat. Immer wieder fragt man sich, woher Macelli diesen Mut und die Kraft nimmt gegen scheinbar festgefahrene Traditionen anzukämpfen und ihren Weg zu gehen. Dadurch rückten meine Alltagssorgen definitiv in den Hintergrund und gleichzeitig war es so ermutigend zu lesen, dass es sich lohnt immer wieder für unsere Überzeugungen und Werte einzustehen.
Herausgebracht wurde das Buch durch Claudia Liebetanz, welche Macelli vor über 20 Jahren in einem Hilfsprojekt kennengelernt hat. Beide stehen seitdem in einem engen Austausch und haben es möglich gemacht, dass „Tochter der Savanne“ einem breiten Publikum zugänglich wird.
Als einziger Kritikpunkt möchte ich anführen, dass mich der häufige Gebrauch des Wortes „Stamm“ irritiert hat. Hier hätte ein kritisches Lesen sicherlich gut getan, reproduziert das Wort doch koloniale Klischees und ist zumindest in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung längst überholt. Da kann ich meine sozialwissenschaftliche Brille nicht absetzen und muss immer wieder dran erinnern: Sprache macht Gewalt und bestimmt maßgeblich, welche Bilder im Kopf entstehen.
Dennoch eine absolute Leseempfehlung. Das Buch ist mehr als eine Biografie und liest sich manchmal beinahe wie ein Krimi. Ein wirklich spannendes Fenster in eine andere Welt, welches aufzeigt, wie viele Kämpfe Frauen weltweit noch auszufechten haben.
Macelli Wadino Shabati und Claudia Liebetanz
Tochter der Savanne
Mein gefährlicher Weg zu Bildung und Freiheit
Taschenbuch
304 Seiten | ISBN: 978-3987011177
18,99€ [D] über Amazon [Affiliate Link]
Erschienen am 22.05.2025 von National Geographic Deutschland
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Stöbern und Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen reist nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.