Barracoon – Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven

Hand die das Buch Barracoon hält

Barracoon – Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven
Rezension

Gut gesagt:

„So viele Worte vom Verkäufer, aber kein einziges Wort von den Verkauften. Von den Königen und Kapitänen, deren Worte Schiffe bewegten. Aber kein einziges Wort von der Fracht. Die Gedanken des „schwarzen Elfenbeins“, „Währung Afrikas“, hatten keinen Marktwert. Afrikas Abgesandte in die Neue Welt kamen und arbeiteten und starben und hinterließen ihre Spuren, aber keinen schriftlich festgehaltenen Gedanken. Von all den Millionen, die von Afrika nach Amerika transportier wurden, ist nur noch ein einziger Mann am Leben. Er heißt Cudjo Lewis und lebt zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Plateau, Alabama, einem Vorort von Mobile. Dies ist die Geschichte dieses Mannes.“

Barracoon, Seite 36

Darum geht´s in Barracoon

„ZORA NEALE HURSTON: A GENIUS OF THE SOUTH“, ist auf dem Grabstein der herausragenden Schriftstellerin, Volkskundlerin und Anthropologin aus Alabama zu lesen. Zwar handelt Barracoon nicht direkt von der jungen Anthropologin und doch verrät dieses Buch so einiges über ihr Leben und Schaffen, als junge afro-amerikanische Wissenschaftlerin unter dem berühmten Dr. Franz Boas.

1927 macht sich Hurston auf den Weg nach Plateau, um den damals letzten lebenden Afrikaner zu interviewn, der mit dem Sklavenschiff Clotilda in die USA kam. Er war von 1860 an für fünfeinhalb Jahre versklavt, bis ihm Nordstaaten Soldaten mitteilen, er sei frei.

Hurstons Motivation Lewis näher kennenzulernen und seine Geschichte aufzuschreiben wurde von einer einfachen Frage geleitet. „Ich wüsste gerne, wer du bist“ erklärte sie Lewis, „und wie du ein Sklave wurdest und zu welchem Teil von Afrika du gehörst und wie es dir als Sklave erging und wie du als freier Mann zurechtegkommen bist.“ (Barracoon, Seite 14).

Die Anthropologin hat Antworten auf ihre Fragen gefunden und sie in einem Band gesammelt und veröffentlich. Nun ist mit Barracoon nach mehr als 90 Jahren auch endlich das hervorragend kommentierte Buch in deutscher Sprache erschienen.

Gefällt weil

Barracoon wie bereits erwähnt, hervorragend durch die Herausgeberin Deborah G.Plant begleitet und kommentiert worden ist. Das eigentliche Schriftstück von Hurston nimmt nur einen Teil im Buch ein. Ein anderer sind kommentierende Texte, die die gelungene Dokumentation von Hurston in einen weiteren Kontext setzen und so ein Gesamtbild entstehen lassen. Insgesamt ist Barracoon so eine unglaublich dichte Erzählung, die sehr aufschlussreich ist.

Zu den Ergänzungen die ich sehr genossen habe, gehört unter anderem ein Vorwort von Alice Walker und Abschnitte von Barracoon aus dem englischen Original.

Die Geschichte von Cudjo Lewis ist mehr als berührend und an einigen Stellen durchaus auch sehr brutal. All dies ist dennoch notwendig um für die Gräueltat zu sensibilisieren, die damals in einen globalen Rahmen eingebunden waren und in dessen Vordergrund nur die Wirtschaftlichkeit lag. Barracoon vermittelt ein Gespür dafür, dass hinter den Versklavten nicht nur bloße Zahlen stecken, sondern echte Menschen, die genauso Pläne, Träume und Hoffnungen hatten, wie wir auch.

Ich habe Barracoon vor allem aus einem fachlichen Interesse an dem Thema gelesen, möchte es aber auch gerne jedem ans Herz legen, der sich generell mit globalen (historischen) Zusammenhängen befasst. Das Buch ist nicht immer leicht zu lesen, da zum Teil die Umgangssprache von Lewis in die deutsche Übersetzung übernommen worden sind und es viele Ergänzungen und Kommentare gibt. Wenn Barracoon allerdings mit offenen Augen und etwas Konzentration gelesen wird, ist es eine Bereicherung ohne Wenn und Aber.

BARRACOON

Barracoon
Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven
Zora Neale Hurston
Herausgegeben von Deborah G. Plant
Übersetzt durch Hans-Ulrich Möhring
224 Seiten | Hardcover, Pappband
ISBN: 978-3-328-60130-2
20€ (D) über Amazon [Affiliate Link]


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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