Die Geschichte einer afrikanischen Farm

Cover des Buches Die Geschichte einer afrikanischen Farm von Olive Schreiner

Die Geschichte einer afrikanischen Farm – der südafrikanische Klassiker neu aufgelegt

Gut gesagt:

Er hatte sich schon damit abgefunden, keine Antwort zu erhalten, als Lyndall schließlich sagte: „Das Unrecht besteht nicht darin, was man uns antut, sondern darin, was man aus uns macht. Ein Mensch nimmt im Grunde nur Schaden, wenn man versucht, ihn zu verbiegen. Wir kommen als kleine, formbare Wesen auf die Welt, die vielleicht geradezu strotzen vor Lebenskraft – aber darüber hinaus? Ist da nichts. Die Welt bestimmt, was wir zu sein haben, und prägt durch die Aufgaben, die sie uns zuweist, unseren Weg.

Zu euch sagt sie: arbeitet und zu uns sagt sie: macht Eindruck. Zu euch sagt sie: So ihr nach Vollkommenheit vor Gott strebt, euer Arm stark, euer Wissen groß und euch die Kraft zum Arbeiten gegeben ist, soll euch alles zuteilwerden, was das menschliche Herz begehrt. Zu uns sagt sie: Stärke wird euch nichts nützen, auch Wissen nicht, auch harte Arbeit nicht. Ihr sollt genauso viel erreichen wie ein Mann, aber mit anderen Mitteln. Und so werden wir zu Männern und Frauen.“

Die Geschichte einer afrikanischen Farm, Seite 311

Darum geht’s in Die Geschichte einer afrikanischen Farm

Eine Farm, mitten in der südafrikanischen Karoo, ist der unwirtliche Schauplätz, der menschlichen Tragödien in Die Geschichte einer afrikanischen Farm. Hier, inmitten von Kühen und der unendlichen Weite der Halbwüste, wächst Lyndall auf. Im Roman erleben wir gemeinsam mit ihr den Wandel von einem intelligenten Mädchen zu einer klugen jungen Frau, die ganz genau weiß, was sie will. Denn in ihrem jungen Leben sind ihr bereits zahlreiche Menschen untergekommen, die entweder völlig hilflos oder nur auf ihren persönlichen Vorteil aus sind. Schnell erkennt Lyndall, dass sie dieser Ignoranz nur mit einem scharfen Verstand begegnen kann.

Gefällt weil:

Die Autorin Olive Schreiner mit ihrer einmaligen Erzählung Die Geschichte einer afrikanischen Farm, einen ungemeinen Weitblick beweist. 1883 ist der Roman erstmals erschienen und wird häufig als das südafrikanische Pendant zu Wuthering Heights beschrieben. Schreiner, die die erste Auflage ihres Buches noch unter männlichem Pseudonym veröffentlichen musste, gilt als Vorbild für bedeutende Autorinnen wie Tania Blixen und Dora Lessing. Letztere hat 1968 ein Vorwort zu Die Geschichte einer afrikanischen Farm verfassen dürfen, welches die tiefe Verbundenheit der Autorin zu Olive Schreiner ausdrückt.

Was nun klingt wie ein angestaubtes Stück Geschichte, ist weit davon entfernt. Mit Die Geschichte einer afrikanischen Farm, hat Schreiner einen zeitlosen Klassiker geschrieben, der nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat. Wie zufällig greift die Autorin psychologisch-emanzipatorische Elemente auf, die ihrer Zeit weit voraus sind (nehmen wir allein das großartige Zitat am Anfang dieser Rezension).

Gleichermaßen ist Olive Schreiner aber auch ein Kind ihrer Zeit und einige Begrifflichkeiten aus ihrem damaligen Sprachgebrauch erachten wir heute als höchst problematisch. Aus diesem Grund schätze ich allerdings die wunderbaren Manesse Neuauflagen und -übersetzungen. Nicht nur dass die Bücher haptisch und optisch einmalig sind, es gibt am Ende auch immer eine zeitliche Einordnung und Erklärung der Begrifflichkeiten. Dies findet sowohl durch die Anmerkungen statt als auch durch eine editorische Notiz, die ich als sehr gelungen erachte.

Außerdem im Manesse Verlag erschienen ist die Neuauflage von Tania Blixens Jenseits von Afrika. Hier gehts zur Rezension [Link].

Insgesamt ist Die Geschichte einer afrikanischen Farm ein höchst inspirierendes Werk, das leider immer noch aktuelle, feministische Themen aufgreift und sie atmosphärisch in das wunderbare Setting der Karoo-Halbwüste betet. Neben Lyndall lernt man auch ausgiebig die anderen Bewohner:innen der Farm kennen, die jeweils ihre ganz eigenen Träume und Hoffnungen haben. Dadurch ist ein dichter Roman entstanden, der kaum Langeweile aufkommen lässt. Einzig die vielen Bibelzitate können etwas langatmig sein und sind eines der wenigen Anzeichen dafür, dass der Roman schon etwas älter ist.

DIE GESCHICHTE EINER AFRIKANISCHEN FARM

Die Geschichte einer afrikanischen Farm
Olive Schreiner
Übersetzung durch Viola Siegemund

608 Seiten | Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3717525127
28€ (D) über Amazon [Affiliate Link]


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
Schaue alle Kommentare an