Als Frau alleine um die Welt – Alma M. Karlins Einsame Weltreise
Gut gesagt:
„Ersteklassereisende dagegen fahren wie Mehlsäcke mit Adreßschein – sie rollen durch das Land und lernen nichts, weil sie sich in einem magischen Kreis ihresgleichen bewegen und das Volk an ihnen wie ein Kinobild vorbeistreift.“
Darum gehts in Einsame Weltreise
Alma M. Karlin will allerdings mehr als das und so löst sie sich vom Darsein als Mehlsack mit Adressschein und begibt sich auf ihre „einsame Weltreise“. Das erstaunliche daran ist, dass Alma in einer Zeit reist, wo es eher außergewöhnlich ist, für Frauen alleine zu reisen. Im Jahre 1919 macht sie sich bewaffnet mit ihrer Schreibmaschine, Erika, und dem Wissen über zahlreiche Fremdsprachen auf den Weg.
Limitiert durch ihr kleines Budget verzichtet sie auf jeglichen Komfort und nimmt dritte Klasse Abteile genauso in Kauf, wie üble Bootspassagen. Das Leben auf Reisen meint es oftmals nicht gut zu ihr und auch wenn Alma vielleicht den Mut gegenüber den Männern verliert (genau genommen gegenüber den Mannszweibeinern), so kann sie doch nicht die Begeisterung für fremde Welten bewahren.
Letztendlich wird sie acht Jahre auf ihrer „einsamen Weltreise“ unterwegs sein und sich durch Arbeiten als Dolmetscherin und Sprachlehrerin finanzieren. Einsame Weltreise ist der erste Band und behandelt Almas Reise von Europa, über Südamerika bis nach Japan und den asiatischen Festlandkontinent.
Gefällt weil:
Alma eine ganz außergewöhnliche Erscheinung ist. Zunächst ist da die Tatsache, dass sie sich in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts alleine auf eine Weltreise begibt. Was wir heute so selbstverständlich Work & Travel nennen, war damals so gut wie nicht geläufig und sicherlich noch weniger für eine Frau.
Was in Einsame Weltreise nie ein Thema ist und dies ist ebenfalls ganz erstaunlich, da es sich um ihre eigenen Schriften handelt, ist das Alma ein Handicap hat, welches sie einschränkt.
Ganz besonders bewundernswert finde ich aber nicht nur ihren Mut, sondern auch wie sie mit Worten umzugehen weiss. Sie hat eine ganz besondere Art Sprache zu nutzen, um Bilder im Kopf entstehen zu lassen und dies auf eine bisweilen sehr humorvolle Art.
Ebenso interessant ist auch der Hintergrund Almas, die in Slowenien geboren wird, auf Deutsch schreibt und ganz ein Kind ihrer Zeit ist. Dies merkt man sicherlich auch in den Beschreibungen von Menschen, die wir heute als rassistisch einstufen würden. Durch ein Vorwort von Britta Jürgs wird dieser Rassismus in den Kontext eingeordnet. Dies finde ich sehr gelungen, da ich es ebenso als problematisch empfunden hätte, Almas Wörter zu ändern.
In diesem Sinne liegt mit Einsame Weltreise ein vielschichtiges Buch vor, welches sowohl Reiseliteratur ist, als auch ein emanzipatorisches Werk und ein Stück Geschichte.
Einsame Weltreise
Einsame Weltreise
Alma M. Karlin
Herausgegeben von Jerneja Jezernik
400 Seiten | Gebunden, mit Leseband
ISBN: 978-3-932338-75-5
22€ (D) über AvivA
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.