Auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser
Hugenotten und Waldenser, davon hört man wahrscheinlich maximal in der Schule. Und wahrscheinlich denkst du dir jetzt „Gähn, wie langweilig, Geschichte…“. Aber halt, nicht weg klicken! Auf dem Hugenotten- und Waldenserpfad durfte ich an vier Tagen erleben, wie lebendig und schön Geschichte sein kann. Die Menschen entlang des Weges haben mit uns ihre Vergangenheit und Gegenwart geteilt und davon möchte ich dir heute erzählen.
Wo anfangen?
Auf dem Hugenotten- und Waldenserpfad wird Geschichte lebendig. Wobei das nicht ganz richtig ist. Korrekt müsste ich schreiben durch die Menschen in den Dörfern rund um den Hugenotten- und Waldenserpfad wird Geschichte lebendig. Genau an diesen Orten wird sie greifbar. Greifbar durch all die Menschen die tagtäglich mit ihr und durch sie leben. Da sind die vielen französischen Namen als Überbleibsel. Der „Bauer“ dessen Familienbibel noch aus Frankreich stammt. Da sind Menschen die ihren Stammbaum bis ins 17.Jahrhundert, zurück verfolgen können. Es gibt so viele Geschichten zu erzählen und wahrscheinlich haben wir nur einen Bruchteil davon erzählt bekommen. Trotzdem reicht es um nicht zu wissen, wo ich mit schreiben anfangen soll. Aber eins weiß ich ganz sicher und habe ich auf unserer Tour erlebt: Die Menschen brennen für ihre Geschichte, egal ob Hugenotte, Waldenser oder eingeheiratet. Und das ist ja schon mal ein Anfang oder?
Woher kommen die Hugenotten und Waldenser?
Hugenotten wie auch Waldenser sind Gläubige, die der protestantischen Kirche angehörten. Vor allem in Frankreich wurden sie wegen ihres Glaubens verfolgt. Aus diesem Grund verließen tausende Ende des 1700 Jahrhunderts ihre Heimat. Und genau diesen Fluchtweg versucht der Hugenotten- und Waldenserpfad nach zu empfinden. Auf knapp 2000 Kilometern schlängelt er sich von Frankreich, mit einem Abstecher über Italien, durch die Schweiz bis hin nach Deutschland. Das sind 2000 Kilometer Geschichte von Le-Poet-Laval bis nach Bad Karlshafen. Die Idee der sogenannten „Cultural Routes“ wird getragen vom Institut für Europäischen Kulturrouten in Luxemburg. Dahinter steckt der Gedanken europäische Geschichte besser zu verstehen und länderübergreifend zu sehen. Es zeigt wie eng Europa doch miteinander verbunden ist, um gleichermaßen auch zu sehen, wie divers es an verschiedenen Kulturen ist. Mehr Informationen dazu, findest du auf der Seite des Instituts.
Flucht und Verfolgung
Man mag sich kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen die Menschen geflohen sind. So hatten sie auch allerhand Einfallsreichtum, um nicht als Protestanten erkannt zu werden. Zum Beispiel konnten die meisten französischen Soldaten nicht lesen. Das Einzige was sie (er)kannten, waren die Wörter „Bibel“. Aus diesem Grund wurde die erste Seite der eigenen Bibel herausgerissen. Aber das war noch nicht alles. Auch sah die Bibel wie ein Backstein aus, den man mühelos im eigenen Mauerwerk verstecken konnte.
Zurück zur Gegenwart
Die Hugenotten und Waldenser Geschichte scheint überall in Nordhessen greifbar zu sein. Auf unserer Tour durch den Erlebnisraum Burgwald – Ederbergland, besuchen wir ingesamt 10 Kolonien und Städte, die in Verbindung mit den Hugenotten in Deutschland stehen. Wir beginnen unsere Reise in Marburg. Dort hätte beinah auch schon alles wieder geendet, hätte Luther sich nicht doch dazu entschieden, den Weg auf sich zu nehmen und endlich mit Zwingli über einige Uneinigkeiten zu sprechen. Die sogenannten Marburger Religionsgespräche, und das Einfühlungsvermögen des Landgrafen Philipp der Großmütige, wäre es vielleicht nie zu einer Einigung unter den Streitenden gekommen und vielleicht wären die Hugenotten und Waldenser auch nicht so offen Empfangen worden. Natürlich ist die ganze Geschichte etwas komplexer, aber selbst in 2 1/2 Stunden Stadtführung, war dies nur ansatzweise zu erklären…
Die Hugenotten- und Waldenserkolonien
Nach Ankunft in Nordhessen wurden die Hugenotten auf unterschiedliche Teile des Gebietes verteilt. Dabei erhielt jede Familie exakt die gleiche Größe an Land. Es waren harte Zeiten, denn die Felder waren nur bedingt fruchtbar und alles musste neu aufgebaut werden. Heute erinnern in den ehemaligen Kolonien vor allem Hinweistafeln und Gedenkschilder an die Vorfahren, der heute dort lebenden. Was die oftmals verschlafen wirkenden Dörfer aber tatsächlich lebendig machen, sind ihre Menschen. Wirklich überall wurden wir herzlich empfangen!
Von Frauenberg, über Louisendorf bis hin nach Frankenhain
Jedes Dorf hat seine ganz eigene Geschichte und am liebsten würde ich jeder eine ganze Seite widmen. Ich würde dir von Frauenberg und der malerischen Aussicht über Marburg erzählen. Von der Burgruine, durch die das Abendlicht so schön scheint. Ich würde dir von Todenhausen erzählen, dessen Kirche wunderschön ist und wo für uns der beste Quiche überhaupt gekocht worden ist. Natürlich wurde dieser mit einem leichten Riesling und noch mehr Geschichten heruntergespült. Nicht zu vergessen natürlich Wiesenfeld. Wo wir eine uralte Bibel bestaunen durften, die Sonne im Kräutergarten genossen haben und es im „Scherben-Keller“ so herrlich kühl war.
Auch Louisendorf würde ich erwähnen. Dort hat uns das halbe Dorf auf unserer Wanderung ins Lengetal begleitet. Zusammen haben wir dort ein schattiges Plätzchen in der Bärenmühle belegt und es uns bei Wurst, Käse und Brot gut gehen lassen. Und dann würde ich dir auch von Frankenhain erzählen, welches so ganz anders war als erwartet. Wo wir wieder von unglaublich freundlichen Menschen begrüßt worden sind. Statt Kaffee und Kuchen gab es eiskalte Limonade und selbstgemachte, rohköstliche Pflaumentörtchen und auf dem anschließenden Spaziergang haben wir viel über die örtliche Flora kennen gelernt.
Und es geht noch weiter
Und fast zum Schluss würde ich dir von Treysa erzählen und wie wunderbar dort das neu eröffnete Altstadthotel ist. Dort gibt es nur 4 Zimmer, die liebevoll eingerichtet sind und von dem Frühstück will ich gar nicht erst anfangen…
Zu guter Letzt durfte ich das Erzählen aber einem Profi überlassen. Denn auch von Hertingshausen würde ich dir erzählen. Dort haben uns jung und alt in Tracht begrüßt und nachdem wir das Dorf kennen gelernt haben, gesellte sich ein Geschichtenerzähler dazu. Und das was er zu erzählen wusste, war genauso wenig angestaubt, wie all die Geschichten der Hugenotten und Waldenser, die uns auf unserer Reise begegnet sind.
Lebendige Geschichte der Hugenotten und Waldenser
Aber am ehesten würde ich dir raten, geh selbst hinaus und lern die Menschen und ihre Gegend kennen. Verliebe dich genauso wie ich ein kleines bisschen in jede ihrer Geschichten. Verliebe dich in die eigentümliche Gegend des Burgwalds mit seinen dichten Wäldern und seinen geschwungenen Hügeln. Halte die Ohren offen und lausche und tauche selber ein, in diese höchst lebendige und interessante Kultur.
Mit dabei waren übrigens auch Jörg von Lahntastisch, Frank von Der Outdoortester und Christina von Trip to the Planet.
Weiterführende Artikel: Der Weg in die Freiheit – auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser
Wichtige Informationen
- Hast du auch mal Lust, den Weg zu gehen? Auf der Internetseite des Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. gibt es alle wichtigen Informationen. Dort kannst du dir auch Infomaterial zuschicken lassen oder selber eine E-Mail mit deinen Fragen hinschicken:
Hugenotten- und Waldenserpfad e.V.
Hugenottenallee 53
63263 Neu-Isenburg
Telefon: 06421-47673
E-Mail: info@hugenotten-waldenserpfad.eu - Das Altstadthotel Treysa und die Bärenmühle sind beides zertifizierte Partner des Hugenotten- und Waldenserpfades. Natürlich sind dies nicht die Einzigen, mir sind sie nur ganz besonders aufgefallen
Altstadthotel Treysa
Burggasse 2
34613 Schwalmstadt-Treysa
Telefon: +49 (0) 6691 – 8070167
E-Mail: info@altstadthotel-treysa.deLandhaus Bärenmühle
35110 Ellershausen
Telefon: 06455-759040
E-Mail: info@baerenmuehle.de
Disclaimer: Ich wurde freundlicherweise von dem Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. und Hessen Tourismus auf diese Reise eingeladen. Vielen herzlichen Dank nochmal. Wie immer beeinflusst dies aber nicht meine Meinung. Ich erzähle dir davon, was mir gut gefallen hat und eben auch, was nicht.
Das hast du richtig schön gemacht. Gefällt mir sehr gut :-)
Liebe Grüße
Christina
Freut mich sehr. Ich bin auch schon richtig gespannt auf eure Artikel :)
Liebe Grüße,
Lynn
Da kann ich mich Christinas Kommentar nur anschließen! Toller Artikel!
Danke lieber Jörg :)
Ein toller Artikel, besonders die Bibel aus dem 17. Jahrhundert lässt mein Historikerherz höher schlagen. :-)
Herzlich,
Anna
Das glaube ich. Selbst ich als Laie bin da ganz ehrfürchtig geworden :)
Liebe Grüße,
Lynn
Das Lengeltal mausert sich inzwischen zu einem richtigen Anziehungspunkt für Touristen, da es neben der Bärenmühle weitere wirklich sehenswerte gastronomische Einrichtungen für jeden Geschmack gibt: Das fängt an der Mündung des Lengelbachs an: Hoch über der Mündung in die Eder thront die mittelalterliche Jugendburg Hessenstein. Ursprünglich eine der ältesten Jugendherbergen in Hessen wird sie heute von Landkreis und NABU Hessen betrieben und dient Jugendgruppen als Unterkunft für nachhaltige Naturfreizeiten. Ein Stückchen oberhalb liegt die Huhnsmühle. Hier gibt es Ferienwohnungen, in denen man wirklich Ferien von jeglichem Trubel machen kann. Und oberhalb der Bärenmühle liegt die älteste Mühle im Tal: Die Lengelmühle! Bereits 1201 erstmals urkundlich erwähnt ist die noch in Ständerbauweise errichtete Mühle ein Leckerbissen für Historiker. Ein Kulturdenkmal ist sie sowieso und am Sonntag kann man in der Jausenstube eine zünftige Brotzeit einnehmen.
Hallo Uli,
danke für deine Ergänzung. Das freut mich total für das Lengeltal und seine Bewohner*innen. Ich war sehr begeistert und würde mich freuen, diese Gegend in der nahen Zukunft nochmal näher entdecken zu dürfen.
Liebe Grüße
Lynn