Dort dort – Rezension

Cover des Buches Dort dort von Tommy Orange

Dort dort – Rezension

Gut gesagt:

“Die Wunde, die gerissen wurde, als die Weißen kamen und sich nahmen, was sie nahmen, ist nie verheilt. Eine unversorgte Wunde entzündet sich. Wird zu einer anderen Art von Wunde, so wie die Geschichte dessen, was wirklich passiert ist, zu einer anderen Geschichte wurde, Und all die so lange unerzählten und ungehörten Geschichten sind nur ein Teil dessen, was wir zur Heilung brauchen. Nicht dass wir zerstört wären. Und macht nicht den Fehler, uns zäh zu nennen. Nicht zerstört worden zu sein, nicht aufgegeben zu haben, überlebt zu haben ist kein Ehrenzeichen. Würdet ihr das Opfer eines Mordversuchs zäh nennen?”

Aus Dort dort Seite 139

Darum geht’s in Dort dort

Die Tage vor dem großen Powwow in Oakland verbringen die Protagonist*innen aus Dort dort in Vorbereitung für die große Veranstaltung. Während Dene das Leben urbaner “Indianer*innen” portraitieren möchte, bereitet Orvil sich darauf vor, dass erste Mal in seinem Leben den Tanz seiner Vorfahren zu tanzen und Jacquie reist nach langer Zeit zurück zu ihrer Familie. All ihre Leben sind, auf die eine oder andere Art miteinander verknüpft und die Stränge laufen auf dem Powwow zusammen. Aber auch Tony ist gekommen und er hat böse Absicht, die bald alles in den Abgrund reißen könnte.

Gefällt weil:

Dort dort einen einfach in seinen Bahn zieht. Das Buch entfaltet einen Sog und eine Dynamik, der ich mich nur schwer entziehen konnte. Tommy Orange schafft es meisterlich das Leben urbaner Native Americans zu porträtieren, in all seinen Facetten. Er beschönigt nichts und zeigt mit wenigen Worten, die Narben und Erlebnisse, die hinter jeder Familie, jeder einzelnen Seele steckt.

Was mich besonders an Dort dort fasziniert ist, dass Tommy Orange ganz genau weiß, worüber er schreibt. Das Buch reiht sich nicht in eine lange Reihe von Büchern über Native Americans ein, sondern es ist aus ihrer Perspektive geschrieben und das macht es so wertvoll in meinen Augen.

Tommy Orange schafft es meisterlich die einzelnen Schicksale der Menschen im Roman zu verknüpfen und alles im Moment des Powwows zu bündeln. Gerade zum Ende hin nimmt Dort dort eine Dynamik auf, die einen Seite um Seite lesen lässt.

Was ich allerdings etwas schwierig fand, war die einzelnen Namen und die Geschichte der Protagonist*innen im Gedächtnis zu behalten. Dies ist allerdings essentiell, um den Roman voll zu folgen. Also entweder hast du ein besseres Namens Gedächtnis als ich oder ich empfehle dir, dich ein wenig darauf zu konzentrieren.

Alles in allem spreche ich für Dort dort eine absolute Leseempfehlung aus und möchte es jedem ans Herz legen.

Noch eine kleine Anmerkung von mir: Im US-Amerikanischen Kontext wird das Wort Indians als Protestbezeichnung genutzt und ist aus diesem Kontext heraus gut nutzbar. Mit der deutschen Übersetzung “Indianer” tue ich mich persönlich schwer, da es für uns eine andere Konnotierung hat und in meinen Augen nicht 1 zu 1 übersetzt werden kann. Ich habe mich in dieser Rezension trotzdem dafür entschieden, bei der eigentlichen Buchübersetzung zu bleiben und dies mit Anführungszeichen zu markieren. Ganz unkommentiert wollte ich es allerdings nicht lassen.

Dort dort

Dort dort
Tommy Orange
288 Seiten | Hardcover gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3446264137
22€ (D) über Hanser Literaturverlag


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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