Guten Morgen Namibia – Eine Farm, eine Schule und unser Weg von der Apartheid zur Unabhängigkeit
Gut gesagt:
„Ich liebte dieses Land, mein Geburtsland war meine Heimat geworden. Ich liebte es auch mit all seinen Spuren im Sand, die Menschen heute, gestern und vor hundert Jahren hinterlassen hatten – und die neuen Spuren, die Menschen von nun an setzen würden. Spuren, die mir noch fremd waren, die aber auch zu mir, zu diesem Land gehörten. Nkosi Sikelel‘ iAfrika! Gott schütze Afrika! Gott schütze Namibia!“
Darum geht’s in Guten Morgen Namibia
1976 zieht Erika von Wietersheim zusammen mit ihrem Ehemann zu ihren Schwiegereltern auf eine Farm in Namibia. Dort prallen zwei konträren Welten aufeinander. Auf der einen Seite steht die durch ihr Studium in Südafrika geprägte Erika von Wietersheim und auf der anderen Seite die konservativen Schwiegereltern. Und über allem schwebt die drückende Last der Apartheid und die morbide Vorstellung, Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe zu trennen.
Erika von Wietersheim möchte dieses Konstrukt durchbrechen und macht sich daran, eine Farmschule für die Kinder der Farmangstellten zu gründen. In Bildung sieht sie den einzigen Schlüssel, zu einer gleichberechtigten Zukunft für alle Namibianer*innen. Mit vielen Ankedoten gespickt lässt uns die Autorin von Guten Morgen Namibia so an ihrem bewegten Leben teilhaben und vermischt Farmalltag, mit den Herausforderungen einer jungen Familie und den großen politischen Umwälzungen nicht nur in Namibia, sondern auch Deutschland, dem Heimatland ihrer Vorfahren.
Gefällt weil:
Wie auch schon in ihrem ersten Buch Nur 24 Zeilen, der Schreibstil von Erika von Wietersheim mich gebannt und voller Spannung an das Buch fesselt. Selten habe ich Autobiographische Geschichten mit so viel Begeisterung gelesen.
Erika von Wietersheim hat die seltene Begabung zwar über ihr Leben zu schreiben, aber dabei nicht nur ihre Empfindungen, sondern auch die anderer Menschen in den Vordergrund zu stellen. Somit schafft sie ein Bewusstsein für die vielfältigen Lebensrealitäten, die auf der Farm zusammenkommen.
Es ist faszinierend mitzuerleben, wie die Autorin nicht nur vier Kinder zur Welt bringt, sondern gleichzeitig auch langsam den Farmalltag auf den Kopf stellt. Wo zuvor strenge Hierarchien herrschten, bekommen die Menschen ihr Handlungsvermögen (im Englischen gibt es dafür den wunderbaren Begriff der Agency) zurück und es keimt die zarte Hoffnung auf ein Namibia auf, in welchem die „Rassentrennung“ in der Vergangenheit liegt.
Längst nicht alles ist rosig im Alltag der kleinen Familie und so nimmt die Leserin ebenfalls Anteil an den Sorgen und Nöten. Vor allem die finanzielle Belastung mit der Farm und die fast ständige Frage nach dem kostbaren Wasser bedroht die Existenz von Erika von Wietersheim.
Gegen Ende der Apartheid hält die politische Situation allerdings alle so sehr in Atem, dass selbst solch existenziellen Dinge zweitrangig erscheinen. Im Lichte dieser aufregenden Zeit zu sehen sind auch die Begegnungen mit herausragenden Persönlichkeiten wie Hendrik Witbooi, Sam Njumoa, Anton Lubowski und Hage Geingob.
Mit Guten Morgen Namibia hat Erika von Wietersheim nicht nur ein Stück Zeitgeschichte schriftlich festgehalten, sondern auch ein Plädoyer dafür geschrieben, wie mit den unmittelbaren Folgen der Apartheid in der namibischen Bevölkerung umgegangen werden kann. Noch herrscht auch heute eine unsichtbare Trennung anhand der ‚Color line‘ statt und doch macht Guten Morgen Namibia Hoffnung, dass es irgendwann eine gemeinsame Zukunft für alle Namibianer*innen geben kann.
Guten morgen namibia
Guten Morgen Namibia
Eine Farm, eine Schule und unser Weg von der Apartheid zur Unabhängigkeit
Erika von Wietersheim
376 Seiten | Hardcover gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-946205-30-2
24,99€ (D) über Palmato Publishing
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.
Das ist ja eine tolle Rezension!! Vielen Dank, ich werde sie meiner Mutter (der Autorin) schicken.
Herzliche Grüsse,
Angela Hofmeyr
Liebe Angela,
das freut mich sehr! Über ein Weiterleiten freue ich mich ebenfalls. Das Buch hat mir so sehr gefallen!
Mit herzlichen Grüßen,
Lynn