Seit September 2024 dürfen wir mit “Schwindel” endlich den neuen Roman von Hengameh Yaghoobifarah in den Händen halten. Darum geht es in dem Buch: Avas Date mit Robin läuft perfekt, bis es an der Tür ihrer Hochhauswohnung im 15. Stock klingelt und durch zwei unglücklich Umstände begegnen sich Avas alte und neue Liebhaber*innen. Hals über Kopf flieht Ava in Richtung auf das Dach des Hochhauses, blöd nur, dass der Schlüssel noch in der Wohnung liegt und sie nun plötzlich zu viert ausgesperrt sind. Während es langsam dämmert wird aus dem zweier Date eine vierer Mission, es entspannen sich ungewöhnlich Sympathien und wir als Leser*innen erfahren mehr über die einzelnen Schicksale der vier so ganz unterschiedlichen Menschen.
Schwindel von Hengameh Yaghoobifarah
delia hätte schwören können, dass ein lichtstrahl aus deren stirn geflossen sein musste. dey stöhnte auf, spürte den blitz, der etwas in verbindung brachte, was lange nur getrennt voneinander existierte: delias körper und deren sinne. ava hatte demm erkannt. was da war, aber irgendwie auch nicht.
– Schwindel, Seite 108
Darum geht’s in Schwindel
Der Inhalt von “Schwindel” liest sich wie eine Kurzgeschichte, was sich da aber auf über 200 Seiten entspannt, lässt nicht an Tiefgründigkeit vermissen. Es ist Freitagabend und Avas Date mit Robin läuft super. Bis es an der Tür klingelt und mit Delia, die demms Handy in der Wohnung vergessen hat, und Silvia, die Ava zur Rede stellen will, weshalb sie geghosted wird, zwei Liebhaber*innen zum denkbar unglücklichsten Moment vor Avas stehen. Vor lauter Panik flieht Ava auf das Dach der Hochhaussiedlung, in der sie wohnt. Die anderen drei folgen Ava, um die ungewöhnliche Situation zu verstehen. Nichtsahnend, dass der Schlüssel zum Dach noch in der Wohnung liegt und die vier auf unbestimmte Zeit erstmal ausgesperrt sind und an ein Handy hat natürlich auch keine*r gedacht.
Mit diesem Setting hat Hengameh Yaghoobifarahs in “Schwindel” beinahe ein Kammerspiel entstehen lassen, in welchem queeres Begehren auf dem Dach eines Hochhauses verhandelt wird. Jede*r der vier bringt ihre ganz eigenen Traumata, Hoffnungen und Vergangenheiten mit sich, die an diesem Abend ans Licht kommen. Mit Rückblicken auf die einzelnen Protagonist*innen erfahren wir als Leser*innen mehr über die Hintergründe und so wird der Erzählung die nötige Tiefe und Schwere verliehen. Dadurch wird der Roman bisweilen auch traurig, regt zum Nachdenken an und lässt gleichzeitig nicht an Humor vermissen. Die richtigen Zutaten, um “Schwindel” in wenigen Stunden zu verschlingen.
Wie es immer so ist, wenn vier verschiedene Menschen in Romanen aufeinandertreffen und man nach und nach mehr über sie erfährt, wechseln auch die Sympathien mit Robin, Ava, Delia und Silvia. Sie alle sind zum Teil vielleicht etwas überspitzt dargestellt, ermöglichen uns so aber den Einblick in unterschiedliche queere Thematiken, sowohl im Ausleben von Sexualität, als auch Generationenkonflikte. Eine gelungene Mischung!
“Schwindel” ist ein unterhaltsamer und gut zu lesender Roman. Zwar knüpft es für mich nicht ganz an den ersten Roman von Hengameh Yaghoobifarah an, allerdings muss es das Buch natürlich auch gar nicht. Es ist nah am Leben dran und gibt Einblicke in die vielen Facetten menschlichen Lebens. Die Besprechung zu Hengameh Yaghoobifarahs ersten Roman “Das Ministerium der Träume”, findest du hier.
Hengameh Yaghoobifarah
Schwindel
Gebundenes Buch
240 Seiten | ISBN: 978-3351051235
23€ [D] über Amazon [Affiliate Link]
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Stöbern und Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen reist nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.