Adas Raum – ein Roman über räumliche und zeitliche Grenzen hinaus

Cover des Buches Adas Raum von Sharon Dodua Otoo

Rezension
Adas Raum

Werbung, da Rezensionsexemplar

Nu‘ is‘ aba jut, sagte Gott. Jib ihm dit Ding zurück.
Und ich ließ einen Augenblick nach – lang genug, um dem Mann zu erlauben, seine Würde aufzuheben, abzustauben und aufzusetzen. (…) wieder auf der Suche nach Ada.
Das letzte Mal, als wir sie zwischen den Schleifen aufgespürt haben, hatte sie bei unserer Ankunft große Augen gemacht – wie sie es immer getan hat, wie sie es immer tun wird. Das hatte weniger mit unserer Entscheidung zu tun, als viel mehr mit dem, was wir ihr sagen wollten.

Adas Raum, Seite 128

Darum geht’s in Adas Raum             

„Adas Raum“ ist ein Roman, der sich nur schwer einordnen lässt. Er ist anders, er ist experimentell und vor allem ist er ganz besonders gelungen.

Adas Geschichte erstreckt sich über zeitliche und räumliche Grenzen. 1459 lernen wir Ada als trauernde Mutter im westafrikanischen Totope kennen, 1848 als visionäre Mathematikerin in London, die als Frau wenig Selbstbestimmung erfährt und 1945 als Prostituierte in einem KZ bei Göttingen. Die letzte Schleife beginnt sie 2019 als junge Frau, die schwanger erfahren muss, welche Vorurteile auf sie auf dem Berliner Wohnungsmarkt auf sie warten.

Nach der Lektüre von „Adas Raum“ musste ich erstmal kurz innehalten und den Roman sacken lassen. Denn die Autorin Sharon Dodua Otoo verknüpft auf so geschickte Art und Weise unterschiedliche Themen, die im Subtext durchschimmern und mir in ihrer Tragweite erst nach und nach klar geworden sind.

Fangen wir zunächst mit der Sprache von „Adas Raum“ an. Hier habe ich tatsächlich einen kleinen Moment gebraucht, um reinzukommen. Umso mehr wurde ich allerdings dann in den Sog des Romans eingezogen. Zwar muss man sich ein wenig konzentrieren, um die Handlungsstränge zu verknüpfen, aber gerade das macht den Reiz auch aus. Innerhalb des Romans schaut der Lesende dabei nie wirklich in die Gedankenwelt von Ada, sondern kommt ihr durch unterschiedliche Gegenstände näher. Diese mögen erst banal wirken, haben aber alle ihren festen Platz in der Geschichte. Und selbst Gott kommt vor.

Darüber ergeben sich zahlreiche Dimensionen und Themen, die angesprochen und neu verhandelt werden. Besonders gelungen fand ich dabei die Darstellung, dass nichts voneinander losgelöst betrachtet werden kann. Durch die Personifizierung von Ada werden lange Ketten historischer Verbindungen sichtbar, durch die die Menschen in Ghana, London und später Berlin miteinander verbunden sind. Eine äußerst geschickte und kunstvolle Art und Weise, koloniale Kontinuitäten darzustellen, ohne den Zeigefinger zu erheben. Viel mehr werden die Leser*innen selbst drauf gestoßen und durch die beseelten Gegenstände gelenkt. Mir persönlich ging es so, nachdem ich dies feststellte, dass ich erstmal tief durchatmen musste.

„Adas Raum“ macht deutlich, dass wir die Summer unserer Vorfahr*innen sind und Verantwortung für deren Handeln übernehmen müssen.

Andere Themen die ebenfalls so gekonnt untergebracht werden, sind Globalisierung und die Macht des Passes, Alltagsrassismus vor allem in Deutschland und familiäre Strukturen.

Von mir gibt es für „Adas Raum“ eine absolute Leseempfehlung. Ich habe lange nicht mehr solch ein spektakuläres Buch gelesen, dass mich noch so nachhaltig beschäftigt hat.

ADAS RAUM

Adas Raum
Sharon Dodua Otoo

290 Seiten | Gebundene Ausgabe
ISBN: 978-3103973150
22€ (D) über Amazon [Affiliate Link]


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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