Verzweiflungstaten – Megan Nolan
Werbung, da Rezensionsexemplar
Indem ich diese Frauen auf der Straße sammelte, sie innerlich abheftete, versuchte ich mich, so gut es ging, selbst zu schützen. Ich versuchte, ein Register jeder potenziellen Bedrohung in unserem Umfeld zu erstellen, um mich besser wappnen zu können. Aber mein Geist hatte sich in seinem aufgelöst, so dass das Verlangen, mit dem ich sie musterte, träge uns selbstsicher war wie seins, und mein Geist sich ihnen genauso drängend und bohrend nährte, wie ich mir das männliche Stoßen beim penetrativen Sex vorstelle.
Verzweiflungstaten, Seite 141
Darum gehts in Verzweiflungstaten
In einer Galerie in Dublin, Irland, trifft die Ich-Erzählerin in „Verzweiflungstaten“ den schönen Ciaran und verliebt sich unsterblich in ihn. Die beiden kommen zusammen, teilen ihr Leben miteinander und trennen sich genauso schnell wieder. Ihre Beziehung ist geprägt durch eine Schnelllebigkeit, starke Emotionen und Gewalt. Denn obwohl die junge Protagonistin es sich zunächst nicht eingestehen will, Ciaran ist das, was man toxisch nennt. Immer mehr zieht sich die Ich-Erzählerin von „Verzweiflungstaten“ zurück, kämpft mit Selbstzweifel, Weiblichkeit und Eifersucht. Als die Beziehung der Beiden zerbricht, gibt sie sich einer aufrichtigen Selbstbeobachtung hin und lässt uns Leser*innen daran teilhaben.
Megan Nolans Debütroman „Verzweiflungstaten“ entfaltet zweifelsohne einen gewissen Sog, der mich das Buch hat an einem Wochenende lesen lassen. Sie schreibt offen und ehrlich und ich kann mir gut vorstellen, dass viele junge Menschen sich in die Situation der Ich-Erzählerin reinversetzen können. Mich hat „Verzweiflungstaten“ allerdings nur bedingt abgeholt. Ich fand den Roman sehr unterhaltsam und kann ihn trotzdem weiterempfehlen, dennoch hat mir das gewisse Etwas gefehlt. Dies mag zum Einen daran liegen, dass ich seit langer Zeit in einer stabilen Partnerschaft bin und es mir schwer fällt, das Verhalten der Protagonistin nachzuvollziehen. Zum Anderen kann es auch daran liegen, dass der Roman im Vorfeld sehr gehyped worden ist und an die daraus resultierenden Erwartungen anzuknüpfen ist schwer.
Dennoch gibt es immer wieder Aspekte an „Verzweiflungstaten“, die mich zum Nachdenken angeregt haben. Da ist zum Beispiel der Punkt, dass ein junger Mensch so viel für eine Beziehung opfert und sich dabei selbst aus den Augen verliert. So oder so ähnlich passiert uns das sicherlich immer wieder, sei es auf der Arbeit, in Freundschaften, mit der Familie oder in Beziehungen. Somit ist „Verzweiflungstaten“ ein schönes Leerstück dafür, dass Liebe und Anerkennung wichtig sind, aber nicht um jeden Preis. Viel wichtiger ist es doch, mit sich selbst im Reinen zu sein.
„Verzweiflungstaten“ ist auch ein Roman über Heilung. Im Rückblick spricht die Ich-Erzählerin über ihre Beziehung zu Ciaran und der Weg zurück zu sich selbst. Dieser Rückblick und die damit verbundene Selbstreflektion geben Hoffnung und regen an, über die eigenen Beziehungsgeflechte nachzudenken.
Alles in allem ist „Verzweiflungstaten“ ein gelungener Debütroman, der von Megan Nolan sprachlich hervorragend gestaltet worden ist. Ich denke am Ende kommt es, wie so oft, auf die eigene Lebenssituation an, wie man den Roman auffasst und wo er einen abholt. Auch wenn ich mich nicht immer in der Erzählung wiedergefunden habe, waren es doch keine vergeudeten Lebensstunden, sondern ich habe diesen interessanten Einblick in eine mir fremde Welt sehr genossen. Deshalb kann ich den Roman trotz kleiner Kritikpunkte weiterempfehlen.
VERZWEIFLUNGSTATEN
Verzweiflungstaten
Megan Nolan
Übersetzung durch Lisa Kögeböhn
Hardcover
304 Seiten | ISBN: 978-3351050948
20€ [D] über Amazon (Affiliate Link)
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.