2.Etappe des GR221: Wie wir aus Versehen einen Berg bestiegen

Aussicht auf der 2.Etappe des GR221

[Dieser Beitrag enthält Affiliate Links] Bereits die 2.Etappe des GR221 hat mich ziemlich gefordert. Zunächst ging es recht entspannt von unserem Schlafplatz hinter La Trapa los. Zwar läuft man die letzten Kilometer bis Ses Fontanelles auf Asphalt, davor ist der Teil davor umso schöner. Hinter dem Refugi geht es dann allerdings nur noch bergauf, bis zu einer Hochebene auf über 800m. Anschließend geht der GR221 eigentlich wieder bergab nach Estellencs, wir entschließen uns allerdings recht ungewollt für einige Höhenmeter mehr… Wie es dazu kam? Das erfährst du hier im Bericht zur 2.Etappe des GR221.

Langsam wird es heller im Zelt und ich freue mich, denn die Nacht war nicht gerade erholsam. Das lag sicherlich nicht nur daran, dass es die erste Nacht auf dem GR, sondern viel mehr daran, das der Wind wirklich ordentlich ans uns gerüttelt hat. Neugierig ziehe ich deshalb früh am Morgen den Reißverschluss der Zeltplane auf – und bin baff! Was für ein großartiges Schauspiel uns die Natur hier liefert. Während hinter uns noch der Mond am Himmel steht, zeichnen sich direkt gegenüber, zwischen Meer und Bergen, die ersten Sonnenstrahlen ab. Wie gebannt blicken wir beide auf dieses wunderschöne Naturschauspiel. Passenderweise hat mein Freund heute auch noch Geburtstag und das Setting hätte nicht besser sein können…

Sonnenaufgang-2.Etappe des GR221

Sonnenaufgang-2.Etappe des GR221

Nach einem schnellen Trek´n Eat, haben wir das Zelt abgebaut und waren sofort wieder auf dem Weg. Heute stand uns mit der 2.Etappe des GR221, auch gleich einer der schwersten bevor und ich hatte gehörigen Respekt. Noch schlängelte sich der Weg allerdings mal bergauf, mal bergab, aber immer ganz sanft, parallel zur Küste. Das Licht war einfach wunderbar und spätestens jetzt, fühlte ich mich auch angekommen auf dem Weg und vor allem auch auf Mallorca. Häufig hat man ein Klischee besetztes Bild dieser Insel vor Augen, aber die Realität ist ganz anders. Dieser Abschnitt ist schöner als viele Dinge, die ich bis jetzt in meinem Leben bestaunen durfte und ganz weit entfernt von Sangria aus Eimern und Ballermann.

Unser Zelt auf der 2.Etappe des GR221

Vegetation auf der 2.Etappe des GR221

Das erste Schild!

Es bedarf doch tatsächlich 1 1/2 Etappen, bis wir das erste Schild vom GR221 finden. Wir befinden uns ungefähr auf Höhe der Jagdhütte Ses Basses, als wir es erspähen. Dekorativ darauf liegt der Schädel einer Ziege oder eines Schafes. Sollen wir das als Warnung verstehen? Unerschrocken machen wir uns dennoch auf den Weg und treffen auf die ersten Wanderer, die ebenfalls den GR221 gehen. Für diese Etappe sollen sie unsere ständigen Begleiter werden, auch wenn natürlich jeder in seinem Tempo geht.

Weg auf der 2.Etappe des GR221

Ziegenschädel auf der 2.Etappe des GR221

Am Park und Rastplatz am Coll de sa Gramola, biegen wir auf die Ma-10. Diese Küstenstraße wird nun für einige Kilometer unser Wegbegleiter. Zwar ist die Aussicht auch von dort wunderschön und es herrscht wenig Verkehr, wohl fühlen wir uns trotzdem nicht. Nach dem Auftakt heute aber auch kein Wunder! Nach Tageskilometer 6, biegen wir auf den Hof des Refugi Ses Fontanelles.

Ses Fontanelles und der Aufstieg zum Mola de s´Esclop

Ses Fontanelles ist eine wahre Oase! Der Garten und die alten Steinhäuser sehen wunderbar idyllisch aus. Ich nehme mir vor, sollte ich nochmal den GR221 Wandern, dann werde ich hier auf jeden Fall übernachten. Eine Rast dürfen wir hier allerdings nicht machen. Dies ist auch völlig verständlich, denn es lebt eine Familie in den Gebäuden und ich würde sicherlich auch nicht um 9 Uhr Morgens von einer Horde Wanderer gestört werden wollen. Umso erfreulicher ist allerdings, dass man dort gegen eine kleine Spende Wasser kaufen kann. Denn sonst sieht es bis Estellencs eher mau aus und es ist dringend ratsam, genug Flüssigkeit bei sich zu haben. Trotzdem sollte man sich vorher eindecken, denn es ist nicht gesagt, dass wirklich noch Flaschen da sind, wenn du dort ankommst.

Ses Fontanelles auf der 2.Etappe des GR221

Wasserflaschen auf der 2.Etappe des GR221

Hinter der kleinen Oase Ses Fontanelles beginnt die harte Arbeit! Von knapp 300 Höhenmetern, schlängelt sich der Weg auf fast 900m. Besonders auf den ersten Metern im Wald fühlen sich meine Beine besonders schwer an. Erst als wir die Bäume hinter uns lassen, läuft es auch bei mir wieder runter. Dies mag nicht zuletzt an der grandiosen Aussicht liegen, die sich uns bietet. Auf einem Hochplateau wandern wir nun immer weiter auf einen hohen Berg zu. Immer wieder bete ich, dass wir da nicht hoch müssen. Zum Glück habe ich im Wanderführer* gelesen, das der GR221 dort herum führt. Noch ahne ich nicht, wie ich mich irre…

Auf dem Plateau wird der Weg leider etwas unübersichtlicher. Auch findet man hier keine Schilder mehr wie im ersten Teil, denn dieser Weg ist noch nicht offiziell als GR221 ausgeschildert. Viele Wegmarkierungen und Steinmännchen helfen, aber trotzdem muss man genau schauen. Hinzukommt, dass dort vor einigen Jahren ein Feuer war und noch viele umgestürzte Bäume rum liegen. Davon darf man sich nicht beirren lassen, denn einige kehren hier um und verlassen so komplett den Weg!

Umgestürzte Bäume auf der 2.Etappe des GR221

Übersteig auf der 2.Etappe des GR221

Hier muss uns auch der kleine Fehler unterlaufen sein, der uns schlussendlich auf den Gipfel des Mola de S´Esclop gebracht hat. Die Wanderer, die wir später wieder treffen, berichten von einem riesigen Pfeil aus Steinen, der um den Berg herumführt und eigentlich gar nicht zu übersehen ist. Wie dem auch sei, wir haben ihn übersehen und befinden uns plötzlich mitten im Anstieg! Ich bin inzwischen schon ziemlich erschöpft und denke mir, dass kann doch wohl nicht wahr sein, das wir nun wirklich den Berg komplett hoch gehen! Aber siehe da, nach einem steilen Bergauf stehen wir tatsächlich auf dem Gipfel! Für Fotos sind erstmal keine Zeit, denn ich muss atmen und etwas essen.

Blick auf Sa Dragoner vom Mola de s´Escalop auf der 2.Etappe des GR221

Gipfel des Mola de s´Escalop auf der 2.Etappe des GR221

The Long Way Down

So hat es sich dann ergeben, das wir einen kleinen Umweg auf der 2.Etappe des GR221 gehen mussten. Aber wie es immer so ist, die Aussicht entschädigt wirklich für alle Strapazen. Was ich aber eigentlich noch viel schlimmer finde als Anstiege, ist es bergab zu gehen. Man muss sich sehr konzentrieren und es geht einfach viel mehr auf die Gelenke. Nachdem wir den Mola de S´Esclop verlassen, führt uns der Weg noch ein letztes Mal auf ein Hochplateau. Auf diesem findet man den Berg Es Castellet, welcher mich mit seiner Tafelberg Struktur, total begeistert.

Danach geht es dann tatsächlich immer weiter runter bis nach Estellencs. Der Weg ist sogar recht monoton, schlängelt er sich doch immer entlang einer Asphaltstraße, die allerdings nicht befahren ist. Während wir rasten, überholt uns eine Gruppe Wanderer, die wir schon auf dem Gipfel getroffen haben. Ihre Stimmung scheint klasse zu sein und Gummibärchen haben sie auch dabei. Als sie an uns vorbei gehen, darf jeder einmal in die Tüte greifen. Nun ist auch unsere Stimmung wieder oben! Gerade wegen solchen kleinen Begegnungen schätze ich das Wandern sehr. Man ist mehr an der Natur und den Menschen dran und die allermeisten Wanderer fühlen sich durch das gemeinsame Erlebnis auch mit einander verbunden. Diese Art der Gemeinschaft gefällt mir sehr.

Lynn auf der 2.Etappe des GR221

Mit Schrammen und Kratzern nach Estellencs

Bis jetzt war die 2.Etappe des GR221 recht anstrengend und der Weg hinab, bietet wenig fürs Auge. Dementsprechend schwer werden mir auch die Beine. Schlussendlich landen wir wieder auf der MA-10. Hier weist ein Schild nach Estellencs, noch 50 Minuten soll es dauern. Wir haben allerdings keine Lust auf der Straße zu gehen und orientieren uns nach unserem GPS. Eigentlich soll der eingezeichnete Weg nur 300 Meter weit entfernt sein, also schlage wir uns in den Wald und finden – richtig! Nichts! Der Wald wird auch immer dichter und es ist schwer wieder rauszukommen. Die Stimmung sinkt auf einen neuen Tiefpunkt. Hinzukommt, dass uns Fahne und kleine Äste, Arme und Hände zerkratzen. Schließlich stolpern wir wieder auf die Ma-10, keine 50 Meter von dem ursprünglichen Schild entfernt. Mit blutigen Armen und Händen und um eine Erfahrung reicher, erst Vertrauen wir den Schilder und wenn dann keine da sind, kommt das GPS.

Die letzte Stunde taumel ich wie in Trance nach Estellencs. Der Weg führt einen Bogen durch das Tal. Das heißt wir schauen die ganze Zeit auf das Örtchen und trotzdem ist es noch recht weit weg. Zumindest geht hier der Weg nicht mehr auf der Ma-10 entlang, sondern parallel auf einem kleinen Weg. Endlich erreichen wir dann doch Estellences, unser Ziel der 2.Etappe des GR221. Ein tolles Gefühl! Für mich war diese Etappe sehr herausfordernd, aber ich habe sie gemeistert und bin nun auch zuversichtlicher, den Rest zu packen.

Auch treffen wir im Dorf “alte Bekannte” wieder. Zum Einen sitzt dort die Gummibären-Gruppe und zum Anderen auch die Wanderer vom Morgen. Irgendwie schön, vertraute Gesichter zu sehen. Nachdem wir in einem Supermarkt für das Abendessen eingekauft haben, pflanzen wir uns noch in ein kleines Restaurant. Dort wird einmal die Karte hoch und runter bestellt und wir hauen uns ordentlich den Magen voll – ein großartiges Gefühl! Umso erstaunlicher ist allerdings der Toiletten Besuch. Nachdem dies der zweite Tag ohne duschen ist, versuche ich wenigsten Gesicht und Arme zu waschen. Erstaunlich was sich nach so kurzer Zeit schon an Dreck ansammelt.. Zum Glück soll es am darauf folgenden Tag endlich mal wieder in ein Hostel gehen.

Tapas in Estellencs auf der 2.Etappe des GR221

Jetzt brauchen wir nur noch einen Schlafplatz

Leider hat das Gehen doch noch nicht ganz ein Ende. Natürlich können wir unser Zelt nicht mitten im Dorf aufschlagen und ziehen weiter. Zwar tun die Füße noch weh, aber das Essen hat die Moral gehoben. Wir gehen nochmal eine gute halbe Stunde, ehe wir in einen Wald kommen. Das ist wieder ein bisschen wie Klassentreffen, denn alle sind schon da und haben an verschiedenen Stellen ihr Zelt aufgebaut. Auch wir finden einen geeigneten Platz und haben sogar ein bisschen Meerblick. Nachdem schnell alles aufgebaut und eingerichtet ist, fallen wir erschöpft ins Bett und freuen uns auf den dritten Tag auf dem GR221.

Ein paar Fakten zur 2.Etappe des GR221

Kilometer: Bis Ses Fontanelles waren es ca 6 Kilometer, von dort sind es dann nochmal 13,2 Kilometer. Ich schätze wir sind am Abend nochmal ungefähr 2 Kilometer gegangen, was in der Summe ca. 21,2 Kilometer macht.

Höhenmeter: Bis Ses Fontanelles haben wir im Grunde fast keine Höhenmeter gemacht. Das Refugi befindet sich auf einer Höhe von 281 Meter, von dort geht es auf den 928 Meter Hohen Mola de s´Esclop. Estellencs befindet sich wiederum auf 153 Metern, die Steigung hoch zu unserem Schlaflplatz ist eigentlich nicht nennenswert gewesen.

Orientierung: Der Weg ist größtenteils nicht ausgeschildert, aber sehr gut durch Steinmännchen und -pfeile gekennzeichnet. Nur wie oben beschrieben der Teil ab dem Hochplateau bis unterhalb des Gipfels, ist schlecht gekennzeichnet. Hier darf man sich nicht beirren lassen. Zusätzlich hatten wir immer GPS, die Karte von Map.Solutions* und den Wanderführer aus dem Conrad Stein Verlag*. Damit hat die Navigation wunderbar funktioniert.

Übernachtung: In Estellenc gibt es einige Übernachtungsmöglichkeiten, außerdem ist natürlich Ses Fontanelles hervorgehoben. Sicherlich macht es auch Sinn, diese lange Etappe dort zu beginnen.

Hier gehts zum ersten Teil der Serie über den GR221. In diesem erkläre ich dir, was ich eingepackt habe und wie wir nach Mallorca gekommen sind. Und den zweiten Teil mit der Beschreibung der 1.Etappe des GR221 gibt es hier…

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