Pieter Hugo: Between the Devil and the Deep Blue Sea
„Die Heimat kritisch zu betrachten, heißt, sich selbst und seine Mitmenschen zu betrachten. Es bedeutet, das Gewicht der Geschichte zu spüren und über den Platz nachzudenken, den man in ihr einnimmt. Es bedeutet, sich mit dem eigenen Verhältnis zur „Familie“ zu beschäftigen – die fragile Beziehungen zu betrachten, die zwischen uns und anderen bestehen, oder uns voneinander trennen.“ – Pieter Hugo zu seiner Serie Kin
Darum gehts in Between the Devil and the Deep Blue Sea
Pieter Hugos Fotografien gehen unter die Haut. Menschen die von ihm porträtiert werden, setzt er häufig überlegt in Szene. Während andere Fotograf_innen gerne ganz ungestört fotografieren, blicken die Menschen bei Pieter Hugo geradezu eindringlich in die Kamera. Und nicht nur das, der südafrikanische Fotograf nimmt uns mit zu den Abgründen dieser Welt. Aber auch zu den Subkulturen und Randwelten, die unsere menschliche Gesellschaft prägen. Nicht selten widmet sich Hugo dem afrikanischen Kontinent. Dabei handelt er wider den Bildern, die sich häufig in unser Klischee besetztes Bild von Afrika schleichen. Man sieht Richter in Ghana und Botswana, die traditionelle, britische Roben tragen. Und auf der anderen Seite eine weiße südafrikanische Familie, die in augenscheinlicher Armut lebt. Ihm fehlt ein Bein, während sie ein schwarzes Kind auf dem Schoss hat – es stellt sich heraus, sie passen auf das Kind ihrer Vermieterin auf. Mit solchen Inszenierungen, zeigt Hugo uns wie sehr wir doch in bestimmten Bildern denken.
Konkret sind in Between the Devil and the Deep Blue Sea verschiedene Werke seines Schaffens zu finden. Jedem wird ein Einleger vorangestellt, in dem Pieter Hugo etwas zu dem jeweiligen Wert sagt. So lässt sich beispielsweise zu Kin – in dieser Reihe geht es um Familie, Verwandtschaft und die südafrikanische Gesellschaft – lesen:
„1994 war ein wichtiges Jahr für mich. Ich war fertig mit der Schule und ging von zu Hause weg. In den ersten demokratischen Wahlen SÜDAFRIKAS wurde nach Jahrzehnten der Apartheid Nelson Mandela zum Präsidenten gewählt.“
Gefällt weil:
ich spätestens seitdem ich die Fotografien aus der Serie The Hyena & Other Men gesehen habe, ein riesiger Fan von Pieter Hugo bin. Die wirklich eindrücklichen Bilder hat er in Nigeria aufgenommen. Dort gibt es Familien, die mit verschiedenen Tieren – wie eben Hyänen, Affen und Schlangen – durchs Land ziehen und sich mit Shows über Wasser halten. Interessiert haben Hugo dabei allerdings nicht die Auftritte, sondern viel mehr was dahinter steckt. Wie die Menschen mit ihren Tieren leben und ihren Alltag bestreiten. Hier muss ich immer wieder Parallelen zur Ethnologie ziehen, die mich so begeistert. Wie der Fotograf auch, nimmt der Ethnologe eine beobachtende Perspektive ein. Er will in erster Instanz nicht beurteilen, sondern betrachten. Die finale Beurteilung liegt beim Betrachter der Bilder. Dennoch ist es wahnsinnig interessant zu sehen, wie völlig anders man manche Bilder einschätzt. Hier sind die Ergänzungen von Pieter Hugo selber, wahre Schätze.
Gefällt auch: weil noch bis zum 23.07.2017 im Kunstmuseum Wolfsburg, die Bilder aus Between the Devil and the Deep Blue Sea zu sehen sind. Nachdem ich den Bildband schon so beeindruckend fand, freue ich mich nun umso mehr, die Bilder auch in groß und auf Leinwand in einer Ausstellung, zu betrachten.
Schließen möchte ich ebenfalls mit dem Schlusswort von Uta Ruhkamp, denn treffender könnte ich es auch nicht formulieren:
„“Die Welt kann hart sein. Und zärtlich zugleich.“, resümiert Pieter Hugo 2012 in einem Interview und formuliert damit nicht nur seine Weltsicht, sondern auch eine treffende Beschreibung seines eigenen Werkes. Ganz in diesem Sinne halten seine Fotografien keine Antworten bereit, bewusst belässt er diese „between the devil and the deep blue sea“.“
Between the devil and the deep blue Sea
Pieter Hugo, Ralf Beil, Uta Ruhkamp (Hg.)
Between the Devil and the Deep Blue Sea
Ausstellungskatalog
304 Seiten mit 242 Abbildungen | Klappenbroschur
ISBN: 978-3-7913-8352-1
49,99€ (D) Verlagsausgabe, 32€ (D) im Museumsshop
Lesefieber Südafrika
Diese Rezension ist im Rahmen meiner Reihe zu südafrikanischer Literatur, aus und über das Land, erschienen. Im Sommer 2017 geht es für mich gut 2 1/2 Monate nach Südafrika. So stimme ich mich auf diese Zeit ein und meine Vorfreude wächst mit jeder Seite. Noch mehr Literatur zu Südafrika, findest du hier:
Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen widerspiegeln.