Alle Artikel von Lynn

Salomés Zorn – eine Jugend zwischen Ausgrenzung und Gewalt in der niederländischen Provinz

Eine Hand hält das Buch Salomés Zorn von Simone Antangana Bekono gegen eine hellblaue Wand

Salomés Zorn ist groß. Sie hat so viel Wut in sich, dass sie manchmal keinen Ausweg mehr sieht und Dinge tut, die sie sich im nachhinein kaum erklären kann. Diese Wut bringt sie schließlich in eine Jugendstrafanstalt. Ausgerechnet der aus dem Trash TV bekannte Frits ist dort drin ihr Therapeut und sie sieht sich schnell mit den Vorurteilen eines Menschen konfrontiert, der „es-doch-nur-gut-meint“. Dennoch beginnt Salomé auf ihr bisheriges Leben zurückzublicken, einiges in Frage zu stellen und festzustellen, dass ihre Wut nichts an der Ignoranz der anderen ändern wird. Salomés Zorn ist der fesselnder Debütroman von Simone Atangana Bekono, über Jugend, Rassismus und die niederländische Gesellschaft.

Salomés Zorn

Werbung, da Rezensionsexemplar

Das Licht auf der Straße ist grell. Die Welt ist weiß, aber will zurück zu ihren Farben. Und während ich renne, flehe ich sie an, aber sie lässt nicht mit sich reden. Sie will rot und braun und grün und schwarz, denn es wird schon dunkel.
Sie will rot im Dunkel. Sie will blau und schwarz. Sie will gelb wie die Laternenpfähle. Sie will, dass es einen Laut von sich gibt. Und dass dieser Laut klar ist. Scharf geschliffen wie ein Schwert.
Sie will ihn hören, und sie will es jetzt.

Salomés Zorn, Seite 190

Salomé wächst in einem anonymen Dorf irgendwo in den Niederlanden auf. Je älter sie wird, desto mehr Beleidigungen, Ausgrenzungen und Gewalt ist sie ausgesetzt. Der Rassismus scheint beinahe allgegenwärtig zu sein. Da sind die unverhohlenen Blicke der Nachbarn und das offene Mobbing der Mitschüler*innen. Als Reaktion bringt Salomés Vater ihr bei, sich zu verteidigen und ihr Zorn wächst und wächst. Irgendwann wird er so groß, dass er sie in eine Jugendstrafanstalt bringt.

Ihr Therapeut ist dort ausgerechnet Frits, der durch eine Reality-TV-Show bekannt ist, die von fremdenfeindlichen Vorurteilen lebt. Frits ist dabei der Typ Rassist, der von sich selbst ein ganz anderes Bild hat. Er liebt Afrika, ist belesen und merkt nicht, dass er trotzdem voll von stereotypen Vorurteilen steckt. Diese Ignoranz macht Salomé zunächst wütend, bald schon aber merkt sie, dass sie mit ihrem Zorn die Ignoranz und Verachtung der anderen nicht ändern kann.

In episodenhaften, beinahe blitzlichtartigen Kapiteln, zeichnet die Autorin Simone Atangana Bekono nach und nach ein detailliertes Bild von Salomé. Der Roman setzt beinahe sofort mit Salomés Ankunft in der Jugendhaftanstalt ein und wirft so erstmal allerhand Fragen auf. Was hat zu der Strafe geführt? Was für ein Mensch ist Salomé? Wie lange muss sie dort bleiben? Ich fand diesen Romaneinstieg sehr geschickt, denn so wurden meine Annahmen immer wieder über den Haufen geworfen, wenn sich ein neues Puzzlestück von Salomés Biografie eingefügt hat. Denn schnell wird klar, Opfer und Täter sind oftmals nicht so einfach auseinander zu halten, wie es der Rechtspruch von Salomé vielleicht suggerieren mag.

Salomés Zorn ist ein berührender und spannender Roman, der uns in die Gefühlswelt einer Heranwachsenden eintauchen lässt. Besonders interessant fand ich, dass der Roman in den Niederlanden spielt. Ich habe bisher wenig zu Rassismuserfahrungen, aber auch dem Erwachsenwerden in unserem Nachbarland gelesen und fand es deshalb umso spannender. Gleichzeitig ist der Debütroman von Simone Atangana Bekono aber auch wahnsinnig spannend geschrieben und man mag ihn kaum aus der Hand legen. Fazit: Ein rundherum gelungener Roman, der auf weitere Veröffentlichungen der Autorin hoffen lässt.

Salomés Zorn

Salomés Zorn
Simone Atangana Bekono

Übersetzung durch Ira Wilhelm
Gebunden mit Schutzumschlag
246 Seiten | ISBN: 978-3406800009
24€ [D] über Amazon [Affiliate Link]


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Stöbern und Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen reist nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

Dein Taxi ist da – Priya Guns erstaunlicher Debütroman

Eine Hand hält das Buch "Dein Taxi ist da" von Priya Guns gegen eine hellblaue Wand.

Damani arbeitet in einer nicht all zu weit entfernten fiktiven Realität als Fahrerin einer RideSahre-App. Obwohl sie hart arbeitet, keine Fahrt ablehnt und extra Schichten übernimmt, reicht ihr Einkommen vorne und hinten nicht. Zusätzlich kümmert sie sich um ihre Mutter, die der Tod des Vaters vollkommen aus der Bahn geworfen hat. Als Jolene eines Tages in ihr Auto steigt, prallen mit aller Gewalt zwei Welten aufeinander. Zunächst scheint der Liebestaumel perfekt, doch dann verhält sich Jolene unverzeihlich und bringt nicht nur Damanis Leben durcheinander. „Dein Taxi ist da“ ist ein Roman über prekäre Arbeitsverhältnisse, Kapitalismus, Liebe, Privilegien und Rassismus, rasant und unterhaltsam geschrieben durch Priya Guns.

Weiterlesen

Second-Class Citizen – Endlich in deutscher Übersetzung

Eine Hand hält das Buch "Second-Class Citizen" von Buchi Emecheta gegen eine hellblaue Wand

„Second-Class Citizen“ erzählt die Geschichte von Adah, einer starken Frau, die in Nigeria geboren und aufgewachsen ist. Sie kämpft hart darum, ihre Träume von Bildung und Selbstbestimmung zu verwirklichen, während sie gleichzeitig gegen das traditionelle Rollenbild ankämpft, das ihrem Geschlecht zugeschrieben wird. Adahs Reise führt sie schließlich nach London, wo ihr Mann zum Studium hingegangen ist. Schnell stellt Adah fest, dass sie in England als „Second-Class Citizen“ gelten und ihre Ehe immer gewaltvoller wird. Der autobiografische Roman ist eine bewegende Geschichte über den Kampf einer Frau, die sich gegen alle Widerstände behauptet, um ihre Träume zu erreichen.

Weiterlesen

Schwarz und Frau – Gedanken zur postkolonialen Gesellschaft

Ein Hand hält das Buch "Schwarz und Frau" von Tsitsi Dangarembga gegen eine hellblaue Wand

In ihrem neusten Werk „Schwarz und Frau“ macht sich die Autorin Tsitsi Dangarembga Gedanken zur postkolonialen Gesellschaft. Darin beschäftigt sich die Preisträgerin des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2021 mit ihrem Aufwachsen in einem (post-)kolonialem Simbabwe, Intersektionalität und dem Schreiben als Mensch, der von mehrfacher Diskriminierung betroffen ist.

Weiterlesen

How do I tell them I love them?

Eine Hand hält das Buch How Do I Tell Them I love Them von Kacen Callender gegen eine hellblaue Wand

Lark möchte doch nur von allen Menschen gemocht werden und dann werden ausgerechnet demm die Worte im Mund verdreht. Das auch noch ein Tweet von demm viral geht, von dem aber niemand erfahren darf, dass Lark ihn nicht geschrieben hat, hilft nicht unbedingt. Und was meinte die Person hinter dem Tweet überhaupt mit, wie sage ich demm, das ich demm liebe? Steckt da vielleicht Larks ehemals bester Freund Karim hinter und kann demm der Tweet helfen endliche die Aufmerksamkeit von Verlagen zu bekommen, die Lark sich schon so lange wünscht? „How do I tell them I love them“ ist der nächste spannenden Jugendroman von „Felix Ever After“ – Autor*in Kacen Callender.

Weiterlesen

Altbewährtes und Unbekanntes: 6 + 2 Tipps für die Toskana

Erzählt man anderen davon, dass man eine Reise durch die Toskana plant, bekommen die meisten leuchtende Augen und fangen an zu schwärmen. Viele haben gleich das einmalige Licht, sanfte Hügel und Zypressen vor Augen, egal ob sie schon mal dort waren oder nicht. Für meinen Partner und mich war es im Oktober 2022 der erste Besuch und ich verrate dir hier an dieser Stelle meine 6 + 2 Tipps für die Toskana.

Weiterlesen