Wanderlust – Eine Geschichte des Gehens

Cover des Buches Wanderlust von Rebecca Solnit

„Wanderlust – Eine Geschichte des Gehens“
Rezension

Werbung, da Rezensionsexemplar

Ein einsamer Wanderer, gleich wie kurz seine Route, ist unstet, zwischen den Orten, von Drang und Mangel zur Tat getrieben, mit der Losgelöstheit des Reisenden statt der Bindung der Arbeiterin, des Einwohners, des Gemeinschaftmitglieds.

Wanderlust, Seite 36

Darum geht’s in Wanderlust

Corona sei Dank, gehört das Spaziergehen vermutlich aktuell zu einer der am meisten ausgeführten Beschäftigungen der Deutschen. Viele von uns erfreuen sich am sonntäglichen Spaziergang, gehen nochmal schnell nach Feierabend raus oder bewegen sich ganz bewusst an der frischen Luft, um überhaupt aus dem Haus zu kommen. Aber was steckt eigentlich dahinter? In welcher Tradition des Gehens, Wanderns und Fortbewegen befinden wir uns?

Dieser Frage geht Rebecca Solnit mit ihrem Buch „Wanderlust – Eine Geschichte des Gehens“ nach. Gehen scheint etwas ganz Selbstverständliches zu sein, aber so alltäglich und banal ist es im Grunde nicht. Es beginnt damit, dass es etwas ganz Besonderes war, dass unsere Vorfahren vor langer, langer Zeit den aufrechten Gang wählt, setzt sich fort in der Trennung zwischen arbeitendem Volk und Adlige, wo die eine Gruppe keine Zeit zum Gehen hatte und die andere um so mehr für Müßiggang. Stückweise bedeutet das Spazierengehen aber auch Emanzipation und die Öffnung hin zur Natur.

Rebecca Solnit erzählt auch von Bergsteiger:innen, den regional unterschiedlichen Entwicklungen in Nordamerika und Europa und kehrt schlussendlich mit ihren Essays von der Natur zurück in die Stadt. Somit schließt sich auch der Kreis zu unseren, durch die Pandemie beförderten Spaziergängen.

Ganz besonders fasziniert haben mich dabei die Ausführungen zu dem Spazierengehen nach Mitternacht und Frauen, Sex und dem öffentlichen Raum. Aber auch der Zusammenhang zwischen Gärten und der schrittweisen Loslösung von ebendiesen.

So nimmt uns die Kulturhistorikerin Rebecca Solnit in „Wanderlust – Eine Geschichte des Gehens“ mit, auf eine kulturgeschichtliche Expedition, die sich in diesem Fall sogar von der heimischen Couch aus unternehmen lässt. Gemeinsam mit ihr treffen wir berühmte und weniger Bekannte Geher:innen, denen alle Gemein ist, sich in irgendeiner Art und Weise mit der nur auf den ersten Blick banal erscheinenden Tätigkeit des Gehens, auseinandergesetzt haben.

Ich fand die Lektüre von „Wanderlust“ außerordentlich interessant, denn ich wurde zum Nachdenken über eine Tätigkeit angeregt, die bei mir sonst eher Mittel zum Zweck ist. Das Buch ist dabei keines, was man einfach an einem Stück lesen kann. Die Gedanken und Ausführungen von Rebecca Solnit sind klug und brauchen Raum, um sich vollends entfalten zu können. So empfehle ich das Konsumieren des Buches, ähnlich wie die Fortbewegung, Schritt für Schritt.

WANDERLUST

Wanderlust – Eine Geschichte des Gehens
Rebecca Solnit

Übersetzt durch Daniel Fastner
384 Seiten | Gebundene Ausgabe
ISBN: 978-3-95757-563-0
30 (D) über Matthes & Seitz Berlin


Disclaimer: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zum Rezensieren zur Verfügung gestellt. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön. Wie immer gilt aber, das Geschriebene spiegelt meine eigene Meinung wieder. Sollte mir etwas nicht gefallen, sage ich das auch. Ansonsten suche ich mir selber aus, welches Buch ich rezensieren möchte. Das heißt du wirst auf Lieschenradieschen nur authentische Leseberichte finden, die meinen eigenen Interessen entsprechen.

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